Finger weg vom Handy – das gilt insbesondere an Unfallorten. Wer Unfallstellen filmt, und den Verkehrsfluss behindert, der kann dafür beträchtlich bestraft werden. In einem Urteil vom 29.01.2019 hat das Amtsgericht Castrop-Rauxel eine Geldbuße bestätigt.

Was ist passiert?

Auf der Bundesautobahn (BAB) 2 gab es in der Nähe von Castrop-Rauxel einen Unfall. Danach ist jemand an dieser Unfallstelle mit mehr als 31 km/h über der zulässigen Höchstgeschwindigkeit vorbeigefahren und hat dabei sein Handy in Richtung der Unfallstelle gehalten. Dabei beging er zwei Ordnungswidrigkeiten: Einerseits einen Geschwindigkeitsverstoß nach den §§ 24 Abs. 1 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) und 49 Abs. 1 Nr. 3 der Straßenverkehrsordnung (StVO) und andererseits einen Verstoß durch das Benutzen elektronischer Geräte nach den §§ 24 Abs. 1 StVG, 23 Abs. 1a Satz 1, 49 Abs. 1 Nr. 22 StVO.

Die Polizei überwacht Unfallstellen!

Was er nicht wusste: Um solche Personen dingfest zu machen, stellte die Polizei jemanden ab, der den Verkehr an der Unfallstelle überwachte. Der Vorgesetzte des Polizisten wies diesen sogar explizit an, Handyverstöße festzustellen und zu ahnden. Der Polizist schrieb sich daher Uhrzeit und Kennzeichen sowie Begleitumstände im Hinblick auf den Verstoß auf. Er notierte sich sogar, dass der Fahrer etwa 35 Jahre alt und männlich war sowie einen Oberlippenbart hatte.

Daraufhin erfolgte ein Bußgeld gegen den Betroffenen. Er erhielt auch einen Punkt im Fahreignungsregister („Punkt in Flensburg“). Um sich gegen diesen Bußgeldbescheid zu wehren, legte er Einspruch ein und wand sich an das zuständige Amtsgericht.

Wie ist die Rechtslage?

Gaffer, die Unglücksstellen Filmen oder fotografieren, können auf der Grundlage verschiedener Rechtsnormen sanktioniert werden. In der Regel belässt es die Polizei bei einem Bußgeld wegen eines Verstoßes gegen die Straßenverkehrsordnung, weil sich das einfach nachweisen lässt.

Benutzen eines Mobiltelefons

Ein Bußgeld ist auf Grundlage der §§ 23 Abs. 1a, 49 Abs. 1 Nr. 22 StVO schon dann möglich, wenn man ein Handy in der Hand hält und bedient:

Wer ein Fahrzeug führt, darf ein elektronisches Gerät, das der Kommunikation, Information oder Organisation dient oder zu dienen bestimmt ist, nur benutzen, wenn […] hierfür das Gerät weder aufgenommen noch gehalten wird und entweder nur eine Sprachsteuerung und Vorlesefunktion genutzt wird oder zur Bedienung und Nutzung des Gerätes nur eine kurze, den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen angepasste Blickzuwendung zum Gerät bei gleichzeitig entsprechender Blickabwendung vom Verkehrsgeschehen erfolgt oder erforderlich ist. Geräte im Sinne des Satzes 1 sind […] insbesondere Mobiltelefone.“

Was droht bei einem Verstoß?

Gemäß Anlage 1 Nr. 246 der Bußgeldkatalogverordnung (BKatV) ist hierfür ein Bußgeld in Höhe von 100,- € vorgesehen. Begeht der Fahrzeugführer durch sein Verhalten eine Gefährdung oder eine Sachbeschädigung, ist auch ein Fahrverbot und ein Bußgeld von bis zu 200,- € möglich. Das Bedienen elektronischer Geräte wird außerdem in der Fahrerlaubnisverordnung als „schwerwiegende Zuwiderhandlung“ unter Anlage 12 aufgeführt und stehen damit in einem Abschnitt neben fahrlässiger Tötung, Fahrerflucht und Fahrzeugrennen. Insbesondere Fahranfänger in der Probezeit sollten daher nichts riskieren: Bei einem Verstoß ist ein teures Aufbauseminar nötig, außerdem verlängert sich die Probezeit von zwei auf vier Jahre.

Handynutzung ist leicht nachzuweisen!

Beweis kann vor Gericht unter anderem durch Urkunden und durch Zeugen geführt werden. Als Zeuge kommt der Polizist in Betracht, der das Bußgeld veranlasst. Der kann sich meistens nicht an den konkreten Vorfall erinnern. Allerdings fertigt er regelmäßig Aufzeichnungen an, die als Urkundenbeweis dienen können. Zwar darf das Gericht sich nicht damit begnügen, dass der Polizeibeamte, der sich an den Vorfall nicht erinnert, lediglich auf die Anzeige Bezug nimmt. Denn auch im Ordnungswidrigkeitenverfahren gilt die Unschuldsvermutung.

Stattdessen muss der Tatrichter klären,

  • ob der Polizeibeamte die volle Verantwortung für den Inhalt der Anzeige übernimmt,
  • in welcher Weise er bei der Anzeigeerstattung beteiligt gewesen und
  • ob und inwieweit ein Irrtum ausgeschlossen ist, und
  • warum es verständlich erscheint, dass der Polizeibeamte den Vorfall nicht mehr in Erinnerung hat, falls insoweit Zweifel einsetzen können (Siehe Urteil).

Befinden sich aber konkrete und detaillierte Beschreibungen des Geschehens in der Ordnungswidrigkeitenanzeige, ist die Bezugnahme auf die Aufzeichnungen zulässig.

Herstellen von Fotos und Videos

Die Polizei kann aber auch zu ganz anderen Mitteln greifen: Sie kann sich des Strafrechts bedienen. Gemäß § 201a Abs. 1 Nr. 2 des Strafgesetzbuchs(StGB) ist es nämlich strafbar, eine Bildaufnahme, die die Hilflosigkeit einer anderen Person zur Schau stellt, unbefugt herzustellen oder zu übertragen und dadurch den höchstpersönlichen Lebensbereich der abgebildeten Person zu verletzen.

Zudem macht sich gemäß § 323c Abs. 2 StGB strafbar, wer bei Unglücksfällen (also auch bei Unfällen) Helfende behindert (zum Beispiel durch das Blockieren von Rettungsfahrzeugen). Wer einen Unfall beobachtet, und nicht hilft, obwohl sonst niemand in der Nähe ist, begeht eine Straftat nach § 323c Abs. 1 StGB– unterlassene Hilfeleistung.

Bei gegebenem Anlass kann ein Handy auch sichergestellt oder beschlagnahmt werden. Das kann einerseits erfolgen, um die Gefahr weiterer Straftaten abzuwenden (Zugänglichmachen oder Gebrauchen von Bildmaterial, § 201a Abs. 1 Nr. 3 StGB), oder andererseits um eine begangene Straftat aufzuklären.

Vorsicht ist geboten!

Gerade auf Autobahnen geschehen entsprechende Verstöße vergleichsweise häufig. Dabei ist es auf Autobahnen aufgrund der dort herrschenden Verkehrsverhältnisse besonders gefährlich: Wer bei Tempo 120 zwei Sekunden lang mit seinem Handy beschäftigt ist, ist in der Zeit 60-70 Meter weitergefahren, ohne wirklich wahrzunehmen, was in diesem Abschnitt überhaupt geschieht. Dazu kommt, dass Unfallteile über der Fahrbahn verstreut sein könnten, und andere Verkehrsteilnehmer auch abgelenkt sind. Insoweit gilt auch hier, was nach § 1 Abs. 1 StVO immer im Straßenverkehr gilt: Ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht walten lassen.

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Umut Schleyer, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verkehrsrecht in Berlin