1. Definition des Begriffs Einspruch

Der Einspruch ist ein Rechtsbehelf im Zivil- und Strafprozess und im Recht der Ordnungswidrigkeiten.

2. Erklärung des Begriffs Einspruch

Rechtsbehelfe an sich sind Mittel, mit denen Entscheidungen angefochten werden können. Anders als ein Rechtsmittel (Rechtsmittel hingegen richten sich nur auf die Aufhebung gerichtlicher Entscheidungen wegen Fehlbeurteilung der Sach- oder Rechtslage oder dem Verstoß gegen Verfahrensvorschriften, Berufung und Revision sind so genannte Rechtsmittel) sind Rechtsbehelfe im Allgemeinen dazu bestimmt, Entscheidungen aller Art anzufechten, also auch behördliche Entscheidungen sowie bestimmte Verwaltungsakte anzugreifen.

3. Einspruch im Zivilprozess

Im Zivilprozess kann ein Einspruch gegen ein Versäumnisurteil oder gegen einen Vollstreckungsbescheid erfolgen.

Grundsätzlich hat bei jeder gerichtlichen Entscheidung eine Belehrung über die statthaften Rechtsbehelfe dagegen zu erfolgen (§ 232 ZPO). Dazu gehört auch der Einspruch. Fehlt diese Belehrung, oder ist sie fehlerhaft, was in der Regel nicht so ist, dann folgt auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand.

Versäumnisurteil

Ein Einspruch gegen das Versäumnisurteil ist in § 338 vorgesehen. Die Frist für diesen Einspruch beträgt zwei Wochen, es ist eine gesetzliche Frist und kann nicht durch den Richter verlängert werden (Notfrist). Der Einspruch gegen das Versäumnisurteil ist bei dem Prozessgericht einzureichen. Ist der Einspruch nicht in der vorgeschriebenen Form oder Frist eingereicht worden oder ohnehin der falsche Rechtsbehelf, wird er als unzulässig verworfen. Ansonsten findet eine mündliche Verhandlung statt. Ist der Einspruch zulässig, dann wird das Verfahren in die Lage zurück versetzt, die vor dem Erlass des Versäumnisurteils bestand. Die Versäumniskosten hat er allerdings gemäß § 344 ZPO zu tragen, auch wenn die säumige Partei den Prozess insgesamt gewinnt. Versäumt die Partei die weitere mündliche Verhandlung, ergeht ein zweites Versäumnisurteil, gegen das ein Einspruch nach § 345 ZPO nicht mehr möglich ist.

Vollstreckungsbescheid

Gemäß § 700 Abs. 1 ZPO steht der Vollstreckungsbescheid einem für vorläufig vollstreckbar erklärten Versäumnisurteil gleich. In § 700 Abs. 3 ZPO ist die Möglichkeit vorgesehen, gegen einen Vollstreckungsbescheid Einspruch einzulegen. Daraus folgt, dass auch für den Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid die Regeln des Einspruchs gegen das Versäumnisurteil entsprechende Anwendung finden. Das zuständige Gericht, bei welchem der Einspruch einzulegen ist, ist bei Mahnverfahren das Mahngericht.

4. Einspruch im Recht der Ordnungswidrigkeiten

Der Einspruch betreffend Ordnungswidrigkeiten richtet sich gegen den Bußgeldbescheid einer Verwaltungsbehörde. Ein Bußgeldbescheid ist die Entscheidung der Bußgeldbehörde, welche eine Person zur Zahlung eines Bußgeldes verpflichtet. Dieser Bußgeldbescheid muss laut § 66 OWiG folgendes enthalten:

  • Angaben zur Person des bzw. der Betroffenen (Adressaten des Bußgeldbescheides),
  • den Namen und die Anschrift des Verteidigers,
  • Bezeichnung, Zeit und Ort der Tatbegehung, angewendete Bußgeldvorschriften und gesetzliche Merkmale der Tat,
  • die Beweismittel,
  • die Geldbuße und Nebenfolgen und
  • weitere Hinweise und Belehrungen:
    • Dass der Bußgeldbescheid innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung rechtskräftig und vollstreckbar wird,
    • dass bei einem Einspruch auch eine für den Betroffenen nachteiligere Entscheidung getroffen werden kann,
    • die Aufforderung, spätestens zwei Wochen nach Rechtskraft oder einem näher bestimmten Zeitpunkt die Geldbuße oder bestimmte Teilbeiträge an eine bestimmte Kasse zu zahlen oder im Falle der Zahlungsunfähigkeit der Vollstreckungsbehörde deren Umstände mitzuteilen,
    • die Belehrung, dass Erzwingungshaft angeordnet werden kann, wenn der Betroffene seiner Pflicht nicht nachkommt.

Enthält der Bußgeldbescheid unter anderem eine fehlerhafte Belehrung, andere Formfehler oder Zustellungsmängel, kann dies dazu führen, dass Betroffene nicht belangt werden können.

Die Höhe des Bußgelds kann man anhand eines Bußgeldrechners herausfinden.

Form des Einspruchs

Gegen diesen Bußgeldbescheid kann sich der Betroffene mit dem Rechtsbehelf des Einspruchs wehren. Dies muss er gemäß § 67 OWiG schriftlich oder zur Niederschrift bei der Verwaltungsbehörde tun, die diesen Bescheid erlassen hat. Als Schriftform genügt zwar, dass fernmündlich (per Telefon) der Einspruch zur Niederschrift eingelegt wird, aufgrund folgender Ausführungen des Bundesgerichtshofs in einem Beschluss vom 20.12.1979 sollte jedoch der Einspruch schriftlich oder per Fax erfolgen, um einer möglichen Unwirksamkeit vorzubeugen.

Das für Rechtssicherheit und einen geordneten Gang der Rechtspflege unerlässliche Minimum formeller Erfordernisse kann und muss durch die Niederschrift gewahrt werden. Ihrer sorgfältigen Abfassung steht auch im Falle fernmündlicher Erklärung des Einspruchs gegen den Bußgeldbescheid in aller Regel nichts im Wege. Treten ausnahmsweise Verständigungsschwierigkeiten, vorzeitige Gesprächsunterbrechungen oder andere Störungen auf, die zu mangelnder Eindeutigkeit oder zur Verkürzung des wesentlichen Inhalts der Erklärung führen, sind die Tatsache des Auftretens und (wenn möglich) der Grund dafür zu vermerken. Die Frage nach den sich daraus ergebenden rechtlichen Folgen kann nur von Fall zu Fall entschieden werden.“

Anders wird jedoch das Verfassen einer E-Mail beurteilt, diese genügt nach verbreitetster Meinung nicht den Formerfordernissen, wie ein Beschluss des Landgerichts Fulda vom 02.07.2012 feststellte:

„Der Umstand, dass der Bußgeldbescheid die E-Mail-Adresse des Regierungspräsidiums Kassel [die zentrale Bußgeldstelle in Hessen, sie war in diesem Fall zuständig] angibt und die Rechtsbehelfsbelehrung keine Einschränkung hinsichtlich einer Einspruchseinlegung per E-Mail enthält, begründet keinen Vertrauenstatbestand dahingehend, dass Einspruch auch per E-Mail eingelegt werden kann. Allein die Angabe einer E-Mail-Adresse begründet keine zusätzliche Form der Rechtsbehelfseinlegung. Es handelt sich insoweit nur um eine zusätzliche nützliche Information für den Recht suchenden Bürger. Die Rechtsbehelfsbelehrung ist hingegen richtig und vollständig, indem auf die Möglichkeit hingewiesen wird, den Einspruch schriftlich oder zur Niederschrift der Verwaltungsbehörde einzulegen. Eine Belehrung dahingehend, dass der Einspruch auch in elektronischer Form eingelegt werden kann, ist nicht enthalten. Es besteht auch insoweit kein Anlass, die Einspruchseinlegung per E-Mail zuzulassen.

Demnach ist ein Einspruch per E-Mail nicht als schriftlicher Einspruch anzusehen und wird als unzulässig verworfen. Weiter muss der Einspruch innerhalb der zweiwöchigen Frist bei der Behörde eingehen, ansonsten wird er ebenso verworfen. Nach Ablauf der Frist kann der Bescheid nicht mehr geändert werden. Wenn ein Einspruch verworfen wird, ergeht ein Verwerfungsbescheid. Gegen diesen Bescheid kann sich der Betroffene wiederum mit einem Antrag auf gerichtliche Entscheidung zur Wehr setzen. Ist der Einspruch jedoch zulässig, wird er im Zwischenverfahren, und, soweit es zum Hauptverfahren kommt, in diesem überprüft.

In der Regel wird der Bußgeldbescheid vor der Verjährung erfolgen und in den meisten Fällen ist auch die Belehrung nicht fehlerhaft, da die Behörden Bußgeldbescheide automatisch erstellen und von Fall zu Fall nur wenige Informationen ändern, was ihnen die Arbeit erleichtert. Die Informationen, die von Hand eingetragen werden müssen, können jedoch inkorrekt sein, so können falsche Angaben zum Namen des Betroffenen, Kennzeichen, Tatzeit und -ort vorliegen. Inwieweit das zur Unwirksamkeit führen kann, ist im Einzelfall festzustellen.

5. Einspruch im Strafprozess

Im Strafprozess richtet sich ein Einspruch gegen einen Strafbefehl. Wie beim Bußgeldbescheid läuft ab Zustellung eine zweiwöchige Frist, wie in § 410 StPO bestimmt ist. Strafbefehle sind strafprozessuale richterliche Entscheidungen, die nach § 407 StPO auf schriftlichen Antrag der Staatsanwaltschaft erfolgen können. Sie stehen, wenn nicht rechtzeitig Einspruch erhoben wurde, einem rechtskräftigen Urteil gleich. In einem Strafbefehl können nur bestimmte Strafen festgesetzt werden, darunter Geldstrafen, Fahrverbote sowie eine beschränkte Entziehung der Fahrerlaubnis. Sofern der Angeschuldigte einen Verteidiger hat, kann sogar eine Haftstrafe von bis zu einem Jahr festgesetzt werden, wobei diese zur Bewährung ausgesetzt werden muss. Bei der Einlegung eines Einspruchs ist zu beachten, dass Strafbefehle nur schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden können. Ein Einspruch per Telefon zur Niederschrift kommt, anders als im Falle einer Ordnungswidrigkeit, daher nach bisheriger Rechtsprechung wohl nicht in Betracht, es empfiehlt sich ohnehin, diesen schriftlich zu versenden. Mit der frist- und formgerechten Einlegung eines Einspruchs im Strafprozess wird die Durchführung einer Hauptverhandlung bezweckt.

Genauere Begründungen zu den Unterschieden vom Strafprozess zu dem Prozess in Ordnungswidrigkeiten liefert der Bundesgerichtshof im Beschluss vom 20. Dezember 1979:

Der Rechtsbehelf des Einspruchs gegen den Bußgeldbescheid unterscheidet sich in seiner funktionellen Bedeutung von den strafprozessualen Rechtsmitteln und auch vom Einspruch gegen den Strafbefehl. Die Materie des Ordnungswidrigkeitenrechts bringt es mit sich, dass in bestimmten Lebensbereichen die mit Geldbuße bedrohte Handlung massenhaft in Erscheinung tritt. Das gilt vor allem für den Straßenverkehr. Die Zuständigkeitsregelungen des Bußgeldverfahrens aber führen dazu, dass gerade in diesen Bereichen, aber auch dort, wo für seltenere Verstöße die Zuständigkeit zur Verfolgung und Ahndung zentralisiert ist, der Sitz der Verwaltungsbehörde, die den Bußgeldbescheid erlässt und der Wohnsitz oder Aufenthaltsort des Betroffenen in der größeren Zahl der Fälle so weit auseinander liegen, dass aus Gründen der räumlichen Distanz die Einspruchseinlegung „zur Niederschrift bei der Verwaltungsbehörde“ nicht in Betracht kommt, wenn das persönliche Erscheinen des Erklärenden verlangt wird.

Das ist eine verfahrensspezifische Situation in Bußgeldsachen, für die sich im strafprozessualen Bereich keine vergleichbare Parallele findet. Auch dieser Gesichtspunkt erlaubt und gebietet es, der Beantwortung der Vorlegungsfrage keine präjudizielle Bedeutung für strafprozessuale Rechtsmittel und Rechtsbehelfe beizumessen.

6. Ratschlag zum Thema Einspruch

Nicht immer erweist sich ein Einspruch als sinnvoll. Liegt nur ein geringes Bußgeld ohne Nebenfolgen vor, ist ein Einspruch nicht unbedingt ratsam, da Verfahrenskosten erheblich höher sein können. Anders verhält es sich jedoch, wenn als Nebenfolge empfindlichere Strafen verhängt werden, etwa ein Fahrverbot. Je nachdem, wie sehr der Betroffene auf das Führen eines Fahrzeugs angewiesen ist, kann der Nutzen eines Einspruchs unter Umständen die anfallenden Kosten oder gar die Wahrscheinlichkeit einer nachteiligeren Entscheidung übersteigen. In welchen Fällen ein Einspruch sinnvoll ist, sollte jedoch im Einzelfall von einer Person beurteilt werden, welche auf dem Rechtsgebiet erfahren ist, sowohl die Umstände als auch die Rechtsprechung im Detail kennt und daher eine beratende Rolle einnehmen kann.

Dieser Text wurde durch die Kanzlei Schleyer erstellt.