Mitverschulden des nicht angeschnallten Beifahrers 

Haftung beim Verkehrsunfall

 

1. Mitverschulden des nicht angeschnallten Beifahrers

Als Beifahrer kann man gegen den Fahrer grundsätzlich Schadenersatzansprüche geltend machen, wenn man durch einen Fehler des Fahrers bei einem Unfall zu Schaden kommt. Doch kann der Schadenersatzanspruch gekürzt werden, wenn der Beifahrer nicht angeschnallt war? Darüber hatte das Oberlandesgericht Rostock zu entscheiden.

2. Was war passiert?

Die Klägerin war zu zwei Bekannten ins Auto gestiegen. Sie hatte sich aber nicht angeschnallt. Nach kurzer Fahrt kollidierte das vom Beklagten geführte Fahrzeug mit mehreren Straßenbäumen. Der weitere Beifahrer verstarb noch an der Unfallstelle, die Klägerin und der Beklagte erlitten schwere Verletzungen. Die Klägerin erlitt unter anderem ein schweres Schädel-Hirn-Trauma und ist seit dem Unfall schwerbehindert. Sie benötigt eine Betreuung rund um die Uhr und besucht eine Einrichtung zur Förderung von behinderten Menschen. Die Haftpflichtversicherung des Beklagten zahlte ein Schmerzensgeld von 30.000 Euro an die Klägerin.

Die Klägerin war mit dieser Zahlung unzufrieden und verlangte vom Beklagten und dessen Haftpflichtversicherung ein weiteres Schmerzensgeld von mindestens 320.000 Euro, eine monatliche Schmerzensgeldrente in Höhe von mindestens 500,- Euro monatlich sowie den Ersatz ihres Verdienstausfalls.

Das Landgericht hat nach einer Beweisaufnahme festgestellt, dass die Klägerin als Beifahrerin auf der Rückbank beim Unfall nicht angeschnallt war und sie bei Anlegen des Sicherheitsgurtes einen wesentlichen Teil der Verletzungen nicht erlitten hätte. Aus diesem Grund, hatte das Landgericht das bereits gezahlte Schmerzensgeld in Höhe von 30.000 Euro für ausreichend erachtet und die Klage abgewiesen.

3. Was sagt das Oberlandesgericht Rostock dazu?

Im Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Rostock kamen die Richter -der Berechnung des Mitverschuldens- jedoch zu einer anderen Entscheidung. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts ist das Mitverschulden nicht danach zu bemessen, welche unfallbedingten Verletzungen der Klägerin aus dem nicht angelegten Sicherheitsgurt resultieren. Vielmehr habe für die Bestimmung einer Mithaftungsquote eine Gesamtbetrachtung der Schadensentstehung und eine Abwägung aller Umstände zu erfolgen. Da der Unfallverursacher die zulässige Geschwindigkeit von 80 km/h um mehr als 25% überschritten und eine Kurve geschnitten hatte, hat sein Schuldanteil deutlich überwogen, sodass das Mitverschulden der Klägerin mit 1/3 zu bewerten war.

Das Oberlandesgericht Rostock hat in der Sache lediglich ein Grundurteil erlassen, mit dem festgestellt wird, dass die geltend gemachten Ansprüche (Schmerzensgeld, monatliche Schmerzensgeldrente, Verdienstausfall ab dem Unfall bis zum fiktiven Renteneintritt und weiterer Schadensersatz), zu 2/3 berechtigt sind. Das bedeutet, dass eine weitere Beweisaufnahme erfolgen muss, um die genaue Höhe der Schadenersatzansprüche – insbesondere Schmerzensgeld und Verdienstausfalls – zu berechnen.

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