Unschuldig im Gefängnis –

Schmerzensgeld

1. Worum geht es in diesem Artikel?

22 Monate saß ein Mann unschuldig im Gefängnis. Dafür erhielt er 60.000 Euro Schmerzensgeld. Diese Entscheidung wurde durch das Oberlandesgericht Saarbrücken getroffen.

2. Was war passiert?

683 Tage verbrachte ein pensionierter Bundeswehrbeamter im Gefängnis. Der heute 74-jährige wurde des sexuellen Missbrauchs an seiner Pflegetochter schuldig gesprochen. Der Mann verklagte die damalige Gutachterin. Das Gutachten, welches sie damals erstellte führte zu seiner Verurteilung. Es entsprach jedoch nicht den wissenschaftlichen Standards. Diese hatte die Gutachterin nicht eingehalten. Folglich konnte ihr grobe Fahrlässigkeit bei der Erstellung des Gutachtens unterstellt werden. Das Landgericht Saarbrücken verurteilte sie zu einer Zahlung von 50.000 Euro.

3. Was sagt das Oberlandesgericht Saarbrücken?

Im Berufungsverfahren bestätigte das Oberlandesgericht die Haftung der Gutachterin. Es erhöhte das Schmerzensgeld von 50.000 Euro auf 60.000 Euro.

Auch das Oberlandesgericht Saarbrücken kam zu dem Entschluss, dass die beklagte Gutachterin grob fahrlässig handelte. Im Jahr 1999 stellte der Bundesgerichtshof Anforderungen an psychologische Gutachten auf. Diese sind bei der Erstellung eines psychologischen Gutachtens einzuhalten. An mehreren Punkten missachtete die Gutachterin diese Anforderungen. Letztlich führte das zu einer mangelnden Aussagekraft des Gutachtens. Das Gutachten war im Kern darauf gestützt, dass die Angaben der Belastungszeugin mit hoher Wahrscheinlichkeit als glaubhaft einzustufen seien. Das Argument wurde als nicht tragbar erachtet. Geprüft wurde dies durch einen Sachverständiger des Oberlandesgerichts. Der Kläger hätte nicht verurteilt werden dürfen. Die Beklagte versuchte sich auf Verjährung zu berufen. Das Oberlandesgericht prüfte dies eingehend. Es erachtete die Verjährungseinrede letztlich als nicht durchgreifend.

Der Kläger hatte eine enorm belastende Zeit. Als Verurteilter Sexualstraftäter war der Aufenthalt im Gefängnis besonders hart. In den insgesamt 22 Monaten kam er in verschiedenen Justizvollzugsanstalten unter. Die Rehabilitierung erfolgte spät. Daraus resultierend erhöhte das Oberlandesgericht das Schmerzensgeld auf 60.000 Euro. Die Durchsetzung eines solchen Anspruchs ist jedoch sehr zeitaufwendig und mühevoll. Das schreckt viele Geschädigte ab.

Umut Schleyer- Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verkehrsrecht