Tiefergelegt, Boxen auf dem Rücksitz, dicke Reifen und ein röhrender Motor: Das kennt jeder aus Filmen, aus dem Internet oder von Autoshows und Messen. Getunte Fahrzeuge sieht man auch auf deutschen Straßen. Auch hier ist zwar einiges erlaubt, aber längst nicht alles. In dem Gewirr der Gesetze wie StVG, StVZO, FZV und europäischen Normen finden sich außer Fachanwälten oder anderen Sachverständigen kaum noch jemand zurecht. Wie das deutsche Recht zum Tuning steht, erklären wir Ihnen in diesem Artikel:

Grundsatz: Zulassungspflicht

Der Staat muss gewährleisten, dass niemand mit seinem Verhalten andere über ein vernünftiges Maß hinaus gefährdet. Das tut er, indem er sicherheitsrelevante Elemente auf Gefahren hin überprüft. Das gilt insbesondere für den Straßenverkehr, der naturgemäß viele Gefahren birgt: Hohe Geschwindigkeiten, schwere Fahrzeuge, risikofreudige und verletzliche Verkehrsteilnehmer. In Deutschland gibt es deshalb eine Zulassungspflicht für fast alle Kraftfahrzeuge. Danach muss der Fahrzeugtyp (oder das individuelle Fahrzeug) offiziell als für den öffentlichen Straßenverkehr geeignet befunden und das Fahrzeug mit einem Kennzeichen versehen werden. Das ergibt sich aus § 1 Abs. 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG). Nicht zugelassene Fahrzeuge darf man nicht auf öffentlichen Straßen fahren. Wer sich daran nicht hält, kann Ordnungswidrigkeiten begehen. Fährt jemand zum Beispiel vorsätzlich oder fahrlässig komplett ohne Zulassung, dann begeht er eine Ordnungswidrigkeit nach § 48 Nr. 1 a der Fahrzeugzulassungsverordnung (FZV). Besondere Vorschriften gibt es für Überführungsfahrten oder die vorübergehende Teilnahme am Straßenverkehr.

Erlöschen der Betriebserlaubnis

Zulassung und Betriebserlaubnis sind in Bezug auf das Tuning sehr wichtig. Wer die genehmigte Fahrzeugart ändert, oder das Abgas- oder Geräuschverhalten verschlechtert, verliert gemäß § 19 Abs. 2 der Straßenverkehrszulassungsverordnung (StVZO) grundsätzlich die Betriebserlaubnis für das Fahrzeug. Das gleiche gilt, wenn wegen des Tunings eine Gefährdung von Verkehrsteilnehmern zu erwarten ist. Das Fahrzeug ist dann praktisch „stillgelegt“. Es gibt aber auch Ausnahmen von diesem Grundsatz. Wer die Betriebserlaubnis nicht verlieren möchte, sollte sich also vor dem Tuning umfassend dazu informieren. Denn das Tuning beeinflusst in aller Regel mindestens das Abgas- und Geräuschverhalten, wenn nicht sogar die Verkehrssicherheit.

Ganz allgemein gilt folgendes: Nicht selbst pfuschen, sondern Profis ans Werk lassen. Jeder Anbau, jeder Schritt muss sorgfältig geprüft und durchgeführt werden. Seit langem gibt es große Tuninghäuser, die dieses Geschäft für sich entdeckt haben, zum Beispiel Brabus, ABT, Alpina, Hamann oder MTM. Sie haben sich auf das Tunen bestimmter Marken spezialisiert und verkaufen sogar ganze Fahrzeuge. Für die Legalität wird dann regelmäßig von Anfang an gesorgt.

Aber was, wenn man kein getuntes Auto kaufen, sondern nur einzelne Veränderungen am eigenen Wagen haben möchte?

Einzelne Veränderungen

Rein optische Veränderungen, bei denen keine Teile ersetzt oder ergänzt werden, kann man grundsätzlich immer vornehmen. Das gilt also vor allem für eine neue Lackierung. Vorsicht ist aber schon bei Scheibentönungsfolien geboten. Dafür muss man eine Bauartgenehmigung immer mitführen, denn es handelt sich dabei um „Folien für Scheiben aus Sicherheitsglas“ im Sinne des § 22a der StVZO. Vorsicht geboten ist auch, wenn nicht die Karosserie, sondern sicherheitsrelevante Bauteile lackiert werden sollen. Die Lackierung von Scheinwerfern sollte man zum Beispiel niemals selbst durchführen.

Beim Einbauen von Teilen, beim Motor- oder Chiptuning ist noch größere Vorsicht geboten.

Anbau von Fahrzeugteilen

Neue Fahrzeugteile müssen immer einen der folgenden Unbedenklichkeitsnachweise haben:

  • Allgemeine Betriebserlaubnis für Fahrzeugteile (ABE),
  • Allgemeine Bauartgenehmigung (ABG),
  • EG-Genehmigung,
  • ECE- Genehmigung oder ein
  • Teilegutachten.

Die Beschränkungen und Auflagen, die für die jeweiligen Teile gelten, müssen immer eingehalten werden. Wenn die Teile also nur an bestimmten Fahrzeugmodellen montiert werden dürfen, dann sollte man sich daran halten. Nach der Montage muss ein anerkannter Sachverständiger oder Prüfingenieur prüfen, ob die Teile richtig montiert wurden, und ob alle Auflagen eingehalten sind. Daraufhin erhält man eine so genannte „Anbaubescheinigung“.

Umfangreiche Änderungen: Einzelabnahme

Wer viele verschiedene Teile anbauen möchte, also sein Auto von Grund auf komplett ändern möchte, sollte sich vorab von einem Sachverständigen beraten lassen. Der kann beim Tuning beraten, und eine Einschätzung geben, ob das Fahrzeug nach § 21 StVZO mit den geplanten Änderungen abgenommen werden kann. Bei umfangreichen Vorhaben ist eine Einzelabnahme nämlich nötig. Genaueres hierzu kann man in § 21 StVZO sowie der Anlage XIX zur StVZO nachlesen, es ist allerdings sinnvoll, nicht alles in Eigenregie zu lösen, sondern aufgrund der drohenden Konsequenzen den Rat von Experten zu beachten.

Nach der Vornahme von Änderungen sollte man die Änderungen in die Fahrzeugpapiere eintragen lassen. Dafür ist die Zulassungsstelle zuständig. In einer Anbaubescheinigung ist auch regelmäßig der Hinweis enthalten, wann eine Änderung der Fahrzeugpapiere notwendig ist.

Motor- und Chip-Tuning

Durch den technischen Fortschritt bleibt es oft nicht nur bei mechanischen oder optischen Veränderungen. Bei Dieselfahrzeugen ist das Chip-Tuning besonders beliebt. Es ist sogar so beliebt, dass jemand an seinem Leasing-Diesel ohne Zustimmung des Leasinggebers den Chip verändert hat. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt hat in einem Urteil vom 4. Dezember 2014 entschieden, dass das nicht nur für eine übermäßige, vertragswidrige Abnutzung des Fahrzeugs sorgt, außerdem kann die Betriebserlaubnis bei leistungssteigernden Maßnahmen erlöschen.

 

Tuning Gesetz

Nutzung trotz fehlender Betriebserlaubnis

Wenn die Fahrzeuge die Betriebserlaubnis verloren haben, wird eine Nutzung des Fahrzeugs nach den §§ 19 Abs. 5 Satz 1, 69a Abs. 2 Nr. 1a FZV in unter Berücksichtigung der Nummern 189a, 189b oder 214a und 214b der Bußgeldkatalogverordnung (BKatV) als Ordnungswidrigkeit sanktioniert.

Melde- und Informationspflichten

Aber nicht nur das Fahren ohne Zulassung oder Betriebserlaubnis kann gefährlich werden. In der FZV sind auch einige Mitteilungspflichten geregelt. Wer zum Beispiel Hubraum, Nennleistung, Kraftstoffart oder die bauartbestimmte Höchstgeschwindigkeit ändert, muss das der Zulassungsbehörde unverzüglich mitteilen. Bei Zuwiderhandlungen kann die Zulassungsbehörde den Betrieb des Fahrzeugs auf öffentlichen Straßen untersagen.

Tuning und die Versicherung

Wer sein Auto verändern will, sollte außerdem seinen Haftpflichtversicherer, und, sofern vorhanden, seinen Kaskoversicherer informieren. Wer das nicht tut, riskiert den Wegfall des Versicherungsschutzes. Das belegt ein Urteil des OLG Koblenz vom 14. Juli 2006. Aus folgendem Grund:

Der Versicherungsnehmer (regelmäßig Halter des Fahrzeugs) darf gemäß § 23 Abs. 1 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) nicht ohne Einwilligung des Versicherers eine Gefahrerhöhung vornehmen. Das Tuning eines Fahrzeugs sorgt nicht nur regelmäßig für eine schnellere Beschleunigung, höhere Geschwindigkeit und somit für schlechtere Kontrolle. Laut Urteil schafft es gerade für junge Leute einen besonderen Anreiz, die neu geschaffenen Möglichkeiten komplett auszureizen (dort Rn. 37). Es liegt also oft mit dem Tuning eine Gefahrerhöhung vor, die den Versicherer gemäß § 26 Abs. 1 VVG von der Leistung befreien können. Das heißt im Endeffekt: Der Versicherer muss unter Umständen gar nichts zahlen. Darüber hinaus kann er gemäß § 25 Abs. 2 kündigen.

Tuning immer absprechen!

Spricht man das Tuning mit der Versicherung ab, dann führt das häufig dazu, dass die Versicherungsprämie steigt. Ein Risikozuschlag kann auch die Folge sein. Versicherer gehen aber ganz unterschiedlich mit dem Thema Tuning um. Bestimmte Versicherer versichern sogar überhaupt keine Tuning-Fahrzeuge. Aber auf jeden Fall muss man das Tuning melden.

Mängelgewährleistung, Garantie und Verkauf

Zuletzt ist jede Veränderung am Fahrzeug auch in Bezug auf Mängelgewährleistung, Garantie (das ist nicht das gleiche!) und den Weiterverkauf des Fahrzeugs relevant. In der Garantieerklärung des Herstellers ist regelmäßig eine „Tuning-Klausel“ enthalten. Demnach besteht eine Garantieverpflichtung regelmäßig nicht, wenn das Fahrzeug in einer nicht genehmigten Weise (zum Beispiel durch Tuning) verändert wird. Die Optimierung der Motorsteuerung ohne Anzeige an den Hersteller kann zumindest das Risiko beinhalten, dass die Herstellergarantie nicht mehr so leicht geltend gemacht werden kann (So auch ein Urteil des OLG Köln vom 11. November 2015). Wenn man das Fahrzeug also mit Hinweis auf die Herstellergarantie verkauft, aber verschweigt, dass es wegen des Tunings Probleme mit der Garantie gibt, kann der Kaufvertrag durch Anfechtung nichtig werden.

Fazit:

Tuning ist ein schwieriger Balanceakt an der Grenze des Zulässigen. Die Konsequenzen der Rechtswidrigkeit können gravierend sein, vorab sollte man also jeden Umbau überprüfen. Auf keinen Fall sollte man an einem Fahrzeug in Heimarbeit werkeln, schrauben oder den Chip bearbeiten. Eine Beratung durch einen Sachverständigen ist gerade bei größeren Umbauten wichtig. Jede Änderung sollte sorgfältig geplant und durchdacht sein, und alles muss ordentlich durchgeführt werden.

Umut Schleyer, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verkehrsrecht in Berlin