Ein Sachverständiger ist eine natürliche Person mit besonderen Fachkenntnissen auf einem bestimmten Gebiet. Insofern unterscheidet sich der Sachverständige nicht von einem Gutachter. Oft werden die Begriffe „Gutachter“ und „Sachverständiger“ daher synonym verwendet. Aber gibt es dennoch Unterschiede?

In Gesetzen finden sich die Begriffe „Sachverständiger“ und „Gutachter“ an verschiedenen Stellen. Definiert werden diese Begriffe aber trotzdem nirgends. Während zum Beispiel die Zivilprozessordnung (ZPO) und die Strafprozessordnung (StPO) fast ausschließlich das Wort „Sachverständiger“ aufführen, findet sich das Wort „Gutachter“ in anderen Gesetzen. So erwähnt die Fahrerlaubnisverordnung (FeV) nicht ein einziges Mal das Wort „Sachverständiger“, sondern nur das Wort „Gutachter“. Insgesamt ist der Begriff des Sachverständigen häufiger in Rechtsnormen erwähnt als der des Gutachters.

Neben diesen prozessualen und spezialgesetzlichen Regelungen gibt es auch Normen aus dem Berufsrecht, die eine besondere Bezeichnung für bestimmte Sachverständige vorsehen (dazu später mehr).

Gibt es einen Grund für die unterschiedliche Benennung?

Den größten Unterschied bildet die Verwendung der beiden Begriffe. Wer das Gesetz zur Hand nimmt, erkennt rasch, dass der Begriff des Sachverständigen häufig im prozessualen Kontext genannt wird. Das heißt, dass es vor allem dann um diesen Begriff geht, wenn ein Gerichtsverfahren den Kontext bildet. Der Sachverständigenbeweis ist nämlich ein Beweismittel im Sinne des Strengbeweises.

Prozessrecht: Gerichtliche Sachverständige

Wenn also in der ZPO oder der StPO von einem „Sachverständigen“ oder dem „Sachverständigenbeweis“ die Rede ist, handelt es sich immer um eine Person, die vom Gericht bestellt wurde, um einen bestimmten Sachverhalt aufzuklären. Solche Sachverständige kann das Gericht dann hinzuziehen, wenn es mit eigenem Fachwissen nicht mehr weiterkommt. Vor Gericht muss der Sachverständige dann mündlich aussagen, auch wenn er regelmäßig ein Gutachten anfertigt. Meist geht es um sehr technische Fragen: Ist ein Gebäude bewohnbar? War das Fahrzeug vor dem Unfall beschädigt? Unter den Sachverständigenbegriff dieser Gesetze fallen also nicht die Gutachter, die die beiden Parteien außergerichtlich beauftragen.

Freie Sachverständige

Im allgemeinen Sprachgebrauch fallen beide Begriffe zusammen, es wird nicht zwischen Sachverständigen und Gutachtern unterschieden. „Sachverständiger“ und „Gutachter“ darf sich auch jeder nennen. Diese Begriffe sind grundsätzlich nicht rechtlich geschützt (Ausnahmen sind weiter unten aufgeführt). Wenn jemand keine besondere Qualifikation durch staatliche Ernennung oder Prüfung eines Verbandes hat, spricht man bei ihm von einem „freien Sachverständigen“.

Öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige

Im Gegensatz zu diesen Begriffen ist der Titel des „öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen“ (kurz: „ö.b.u.v.“) allerdings rechtlich geschützt. Wer ihn trägt, obwohl er hierzu nicht berechtigt ist, macht sich nach § 132a Abs. 1 des Strafgesetzbuchs (StGB) strafbar:

Wer unbefugt […] die Bezeichnung öffentlich bestellter Sachverständiger führt […] wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.“

Daneben riskiert man eine Abmahnung oder Unterlassungsklage nach den §§ 8, 12 des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (UWG).

Wie wird man öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger?

Sachverständige können gemäß § 36 Abs. 1 der Gewerbeordnung (GewO) für folgende Fachgebiete bei Bedarf öffentlich bestellt werden:

  • Wirtschaft (einschließlich Bergwesen),
  • Hochsee- und Küstenfischerei,
  • Land- und Forstwirtschaft (einschließlich Garten- und Weinbau)

Sie werden gemäß § 36 Abs. 1 Satz 2 GewO und § 91 Abs. 1 Nr. 8 der Handwerksordnung (HwO) darauf vereidigt, dass sie ihre Aufgaben „unabhängig, weisungsfrei, persönlich, gewissenhaft und unparteiisch erfüllen“ und auch die Gutachten nach diesen Vorgaben erstatten.

Je nach Fachrichtung und Landesgesetz kann ein Antrag auf Bestellung eingereicht werden bei einer

  • Handwerkskammer, einer
  • Industrie- und Handelskammer (IHK), einer
  • Architektenkammer, einer
  • Ingenieurskammer, einer
  • Landwirtschaftskammer oder bei einer
  • sonstigen Körperschaft, einer Behörde, oder einem Regierungspräsidium.

Die jeweilige Stelle prüft daraufhin die Fachkunde und sonstige Befähigung.

Amtlich anerkannte Sachverständige

Neben den öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen gibt es auch amtlich anerkannte Sachverständige (auch „staatlich anerkannte Sachverständige“ genannt). Das bekannteste Beispiel ist dabei der „amtlich anerkannte Sachverständige für den Kraftfahrzeugverkehr“. Er wird von einer „technischen Prüfstelle“ (Überwachungsorganisation wie DEKRA, TÜV) ausgebildet, muss ein technisches Studium abschließen, und wird von einer Landesbehörde auf Antrag ernannt. Diese Art des „amtlich anerkannten Sachverständigen“ ist im Kraftfahrsachverständigengesetz (KfSachvG) geregelt. Es gibt ähnliche Normen für andere Gruppen amtlich anerkannter Sachverständiger.

Privatrechtliche Bezeichnungen

Mittlerweile haben sich für Sachverständige in der Wirtschaft weitere Bezeichnungen und Zertifizierungen etabliert. Zum Beispiel gibt es bereits DIN-Normen für Sachverständige (nötige Qualifikationen, Fähigkeiten). DIN-Normen sind keine Gesetze oder sonstigen Rechtsnormen, sondern werden durch das Deutsche Institut für Normung festgelegt. Solchen Organisationen gehören viele Unternehmen an, die versuchen, einheitliche Standards zu etablieren. Inzwischen gibt es auch Sachverständigenverbände, denen man unter bestimmten Voraussetzungen beitreten kann. Für Bezeichnungen, die durch Wirtschaftsverbände festgelegt werden, gibt es keine besonderen Schutzgesetze. Stattdessen kann es wettbewerbsrechtliche Ahndungen solcher Verstöße geben (Abmahnungen, Unterlassungsklagen).

Bei Gericht wird allerdings nur selten auf freie Sachverständige zurückgegriffen. In der Regel wird ein Gericht einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen hinzuziehen.

Umut Schleyer, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verkehrsrecht in Berlin