1. Allgemeines zum Prüfbericht

Nach einem Verkehrsunfall hat man als Unfallgeschädigter (wenn man den Unfall nicht schuldhaft verursacht hat), das Recht einen Anwalt und einen Gutachter seiner Wahl zu beauftragen. Um den Schaden beziffern zu können, benötigt man ein Unfallgutachten. Anhand eines Unfallgutachtens weiß man als Unfallgeschädigter, wie hoch die voraussichtlichen Reparaturkosten sind. Man weiß dann auch, ob es sich überhaupt lohnt, das beschädigte Fahrzeug vollständig zu reparieren.

2. Tricks der Versicherungen

Als Unfallgeschädigter ist man so zu stellen, wie ohne Unfall. Das bedeutet, dass man alle unfallbedingten Schäden von der gegnerischen Haftpflichtversicherung verlangen kann.

In der Unfallregulierung wird viel getrickst. Versicherungen versuchen naturgemäß zu sparen, um so viel Gewinn wie möglich zu erwirtschaften. Daher versteht es sich von selbst, dass die Versicherung auch versucht, die Ansprüche eines Unfallgeschädigten so klein wie möglich zu halten. Dazu werden viele Tricks benutzt. Wie das unter anderem aussehen kann, können Sie hier lesen.

Ein beliebter Trick ist es, dass die Werte des zuvor beauftragten Gutachtens bzw. das Gutachten selbst mit Hilfe eines sogenannten Prüfberichts in Zweifel zu ziehen und die darin enthaltenen Positionen systematisch zu kürzen. Oft wird dabei willkürlich vorgegangen. Als Laie kennt man die technischen Umstände nicht. Man kann als Unfallgeschädigter in der Regel auch nicht beurteilen, ob eine Kürzung zu Recht erfolgt ist oder nicht. Als Unfallgeschädigter ist man daher hilflos und den Versicherungen ausgesetzt.

Solche Prüfberichte enthalten eine Vielzahl von Zahlen und fachspezifische Begriffe. Die Kürzungen belaufen sich oft auf mehrere hundert Euro. Es kann aber auch sein, dass solche einer Kürzung aufgrund eines Prüfungsberichts mehrere tausend Euro beträgt.

Prüfbericht

3. Tipps zum Thema Prüfbericht

Als Unfallgeschädigter sollte man zunächst wissen, dass man die Kürzung anhand von Prüfberichten nicht einfach hinnehmen muss.

Es gibt eine Vielzahl von Gerichtsentscheidungen, die solch einen Prüfbericht nicht akzeptieren und eine damit verbundene Kürzung nicht akzeptieren. Dies hat dann oft zur Folge, dass der Unfallgeschädigte die gegnerische Versicherung erfolgreich auf Zahlung eines ausstehenden Betrages verklagt. Da aber ein Großteil der Unfallgeschädigten ihre Rechte nicht kennen, lassen sich viele täuschen und verlieren so viel Geld.

Das Landgericht Berlin hat mit Urteil vom 13.07.2011 unter anderem zum Prüfbericht Folgendes festgestellt:

„Das Gericht ist aber der Auffassung, dass zum Sachvortrag des Merkmals der fachlichen Gleichwertigkeit mehr Substanz gehört, als die rein mathematische Neuberechnung des vom Geschädigten eingereichten Gutachtens mittels Einsetzens eines niedrigeren Wertes für die Stundenverrechnungssätze. Mittlerweile hat sich unter den Versicherern eine Praxis entwickelt, bei der die vom Geschädigten eingereichten Gutachten an irgend eine sogenannte „Prüfstelle“ versandt werden und dort ein „Prüfer“ für die Verrechnungssätze abstrakt einen niedrigeren Wert einsetzt und dann die Kosten mittels eines Rechenprogramms entsprechend neu berechnet. Anschließend werden Werkstätten benannt, die angeblich die Reparatur zu den sich aus dem Ergebnis ergebenen Kosten durchzuführen in der Lage sind. Dies stellt nach Auffassung des Gerichts keinen zulässigen Verweis auf eine konkret bestehende Möglichkeit zur Durchführung einer ganz bestimmten Reparatur zu günstigeren Bedingungen dar. Deshalb kann der Kläger vorliegend die Stundenverrechnungssätze der markengebundenen Fachwerkstatt Mercedes-Benz seiner Schadensabrechnung zu Grunde legen.“

Auch das Amtsgericht Mitte hat mit Urteil vom 19.08.2014 einen Prüfbericht als Grundlage zur Kürzung abgelehnt und unter anderem Folgendes festgestellt:

„Der Prüfbericht der Fa. A ist jedoch nicht ausreichend, um es dem Kläger zu ermöglichen nachzuvollziehen, ob die angegebenen Referenzwerkstätten gemäß dem vorgegebenen Reparaturweg des Sachverständigen, die Reparatur gleichwertig sach- und fachgerecht, aber kostengünstiger durchführen können. Bei der Prüfkalkulation handelt es sich lediglich um ein tabellarisches Zahlenwerk, das ein Geschädigter nicht auf seine Plausibilität hin überprüfen kann.“

In einem weiteren Rechtsstreit wurde die Allianz Versicherung AG im März 2017 dazu verurteilt, dem Unfallgeschädigten die Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zu bezahlen. Die Allianz verlor sowohl vor dem Amtsgericht Mitte als auch vor dem Landgericht Berlin. Das Urteil ist rechtskräftig.

Der Artikel darüber kann hier nachgelesen werden. 

Auch hier haben die Gerichte den Prüfbericht als „Kürzungsmittel“ abgelehnt.

Als Unfallgeschädigter sollte man jedoch beachten, dass jeder Unfall separat zu betrachten und zu bewerten ist. Man ist daher gut beraten, wenn man von Anfang an einen Anwalt seines Vertrauens beauftragt.

 

Dieser Text wurde durch die Kanzlei Schleyer erstellt.