Trennungsvermögen – Drogen am Steuer

In diesem Artikel geht es um das Problem „Cannabis am Steuer“, mögliche Konsequenzen für den Fahrer und die Abläufe in der Praxis bzw. die Handhabung durch die Gerichte.

1. Was bedeutet der Begriff?

Bei dem Trennungsvermögen geht es um die Frage, ob ein Kraftfahrer zwischen dem (gelegentlichen) Cannabiskonsum und dem Fahren sicher trennen kann. Nur wenn dieses Trennungsvermögen vorhanden ist, gilt nach der Fahrerlaubnisverordnung (FEV) ein Kraftfahrer als geeignet, ein Kraftfahrzeug zu führen. Die Kraftfahrereignung fehlt stets bei regelmäßiger Einnahme sowie gelegentlicher Einnahme von Cannabis, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür existieren, der Kraftfahrer werde Konsum und Fahren nicht zuverlässig trennen.

2. Wie läuft es in der Praxis – was muss man wissen?

Zur Abgrenzung des regelmäßigen vom gelegentlichen Konsum  wird in der Praxis auf die im Blut gefundenen Abbauprodukte von Cannabis abgestellt. Insbesondere die Carbonsäure (THC-COOH) gibt gut Auskunft über das Konsumverhalten. Bei Werten von 5 bis 75 ng/ml THC-COOH im Blut wird von der Rechtsprechung ein gelegentlicher Konsum angenommen. Ab 75 ng/ml THC-COOH im Blut wird in der Regel ein regelmäßiger Konsum angenommen.  Bei einer sogenannten „Tatort-Blutprobe“  anlässlich einer Polizeikontrolle im Straßenverkehr nehmen manche Gerichte erst ab 150 ng/ml THC-COOH im Blut den regelmäßigen Konsum an.

Wenn der Betroffene gegenüber der Polizei Angaben zu seinem Konsumverhalten macht, wird dies auch zu seinen Lasten als Beweis des regelmäßigen Konsums herangezogen.  Dies gilt verwaltungsrechtlich sogar dann, wenn der Betroffene nicht (richtig) von der Polizei belehrt wurde.

3. Was sagen die Gerichte?

In der Praxis wird für das fehlende Trennungsvermögen auf den aktiven THC-Wert im Blut abgestellt. Bereits ab einem Wert von 1 ng/ml THC im Blut nehmen in einem solchen Fall zahlreiche Oberverwaltungsgerichte (u.a. VGH Mannheim, OVG Lüneburg, OVG Münster, OVG Schleswig) mangelndes Trennungsvermögen an und ist deshalb die sofortige Entziehung der Fahrerlaubnis rechtmäßig. Der  Bayrische Verwaltungsgerichtshof (Bay VGH) sieht dagegen in einer Entscheidung  (Bay VGH DAR 2006, S.407) bei Werten von 1 bis 2 ng/ml THC im Blut das fehlende Trennungsvermögen nicht als bewiesen an.  In der Praxis häufen sich die Fälle, in denen die Fahrerlaubnisbehörden bei Werten zwischen 1 und 2 ng/ml THC im Blut nicht die Fahrerlaubnis sofort entziehen sondern vom Betroffen das  Beibringen eines fachärztlichen Gutachtens oder eines Medizinisch-Psychologischen Gutachtens (MPU) verlangen. Sogar bei deutlich höheren THC-Werten kommt dies immer häufiger vor, obwohl aufgrund der festgestellten Werte im Blut nach der Rechtsprechung ein fehlendes Trennungsvermögen  sicher feststeht und die sofortige Entziehung der Fahrerlaubnis rechtmäßig ist.

4. Was soll man als Betroffener machen?

Ob die Betroffenen, welche ein fachärztliches Gutachten  oder ein MPU-Gutachten zum Konsumverhalten beibringen müssen, damit ihre Fahrerlaubnis retten können oder nur Geld für das Gutachten verlieren und der Entzug der Fahrerlaubnis kurz aufgeschoben ist, sollte im Einzelfall mit einem Rechtsanwalt besprochen werden. Die Verwaltungspraxis bezüglich der Beurteilung des Trennungsvermögens ist bundesweit sehr uneinheitlich; teilweise weicht sogar in gleichen Bundesländern von Landkreis zu Landkreis das Behördenvorgehen stark voneinander ab.

In jedem Fall sollten Betroffene ohne Rücksprache mit einem Rechtsanwalt keine Angaben zur Sache sowie zum Konsumverhalten machen und das Vorgehen mit einem Rechtsanwalt besprechen!

Dieser Text wurde durch Rechtsanwalt Ulli Boldt erstellt.