Vorsicht beim Gebrauchtwagen – der Kilometerstand ist oft manipuliert!

Manipulation am Kilometerstand

In der Regel kennt sich ein Käufer nur ganz grob mit Autos aus. Jeder Käufer möchte aber ein zuverlässiges, lang haltendes Auto haben. Der Wert des Autos bemisst sich deshalb vor allem nach Alter und Kilometerstand. Das ist wichtig für den Gebrauchtwagenkauf, und die Nachfrage nach Gebrauchtwagen ist hoch. Bei Gebrauchtwagen ist allerdings Vorsicht geboten – bei vielen ist der Kilometerstand manipuliert. Das Problem gibt es schon lange, aber viele wissen gar nicht, wie groß das Risiko ist, jemandem beim Autokauf auf den Leim zu gehen. Nach Schätzungen soll etwa bei jedem dritten Gebrauchtwagen der Kilometerstand manipuliert sein. Am Ende trifft es immer die Käufer: Sie kaufen ein Fahrzeug zum Teil weit über dem eigentlichen Wert, und gehen Risiken bei Nutzung und Weiterverkauf ein, von denen sie gar nichts wissen.

Sicherheit vor Manipulationen heute

Vor einiger Zeit wurde ein Anstieg von Manipulationen verzeichnet. Der Grund dafür ist simpel: Manipulationen sind heutzutage viel leichter als früher zu bewerkstelligen und lassen sich nicht so leicht zurückverfolgen. Man könnte meinen, durch den technologischen Fortschritt bei Autos sei der Handel sicherer geworden. Das Gegenteil ist aber der Fall. Viele Daten, auch über die zurückgelegte Strecke, werden heute elektronisch gespeichert. Wo früher ein Tacho auseinandergenommen werden musste, macht heute ein kleines, elektronisches Gerät die „Arbeit“. Das kostet oft nur hundert Euro. Es wird an den Bordcomputer angeschlossen, und Dateieinträge werden geändert. Das geht – nicht wie früher in Stunden – sondern in Minuten. Und der Profit, der daraus gezogen wird, ist immens: Einige Fahrzeuge werden nach wenigen Minuten „Arbeit“ für ein Vielfaches verkauft.

Was passiert in rechtlicher Hinsicht?

Wie jeder sich bereits vorstellen kann, verstößt so ein Handeln in mehrerlei Hinsicht gegen geltendes Recht. Die Manipulation selbst ist strafbar, das Auto muss nicht einmal dafür verkauft werden. Nach § 22b Absatz 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes wird jeder mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft, der eine solche Manipulation vornimmt.

Das ist aber längst nicht alles. Wer weiß, dass er ein manipuliertes Auto verkauft, macht sich unter Umständen wegen Betrugs nach § 263 Absatz 1 des Strafgesetzbuchs strafbar. Kauft der potentielle Kunde es nicht, sondern wendet sich an die Polizei, kann trotzdem ein strafbarer Betrugsversuch vorliegen. Den Verkäufer kann bei Betrug nicht nur eine Geldstrafe, sondern auch eine Freiheitsstrafe von bis zu 5 Jahren erwarten.

In beiden Fällen – sollte das Auto verkauft werden oder nicht – liegt eine vorsätzliche, rechtswidrige Straftat vor. Wer dazu anstiftet, oder Beihilfe leistet, kann nach Maßgabe der §§ 26 und 27 des Strafgesetzbuchs auch bestraft werden.

Was ist mit dem Kaufvertrag?

Grundsätzlich besteht der Kaufvertrag weiterhin. Allerdings kann bei einem manipulierten Kilometerstand ein Sachmangel nach § 434 BGB vorliegen. Vereinbarte Kaufsache ist in solchen Fällen nämlich ein Fahrzeug, das eine geringere Kilometerzahl hat. Deshalb kommen Gewährleistungsrechte in Betracht. Eine Kaufpreisminderung oder der Rücktritt vom Vertrag wären möglich. Sollte sich herausstellen, dass der Verkäufer selbst ihn arglistig getäuscht hat, kann der Käufer außerdem den Kaufvertrag anfechten. In diesem Fall besteht für ihn sogar die Wahl, ob er Mängelgewährleistungsrechte geltend macht, den Vertrag anfechtet, oder von beidem absieht. Wie rechtlich vorzugehen ist, kann zum Beispiel ein Fachanwalt für Verkehrsrecht beurteilen. Dieser kennt sich nämlich regelmäßig mit den Nachweisproblemen und rechtlichen Besonderheiten aus.

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Wie lässt sich eine Manipulation erkennen?

Absoluten Schutz gibt es nie, jeder kann betrogen werden.

Wer allerdings aufpasst, kann das Risiko erheblich verringern. Die ersten Indizien sind oft bereits von außen zu erkennen. Der Käufer muss unbedingt auf Unstimmigkeiten achten. Gelegentlich lässt sich die Manipulation erkennen, wenn der Käufer aufmerksam ist.

Beachtet werden sollte auf jeden Fall Folgendes:

Kilometerstand „zusichern“ lassen

Man sollte sich den Kilometerstand im Kaufvertrag zusichern lassen. Im Kaufvertrag sollten beim Punk Kilometerstand nicht Formulierungen wie „laut Vorbesitzer“ oder „Kilometerstand laut Tacho“ oder „abgelesener Kilometerstand“ stehen. Diese Formulierungen können für den Käufer rechtlich nachteilhaft sein.

Entweder steht im Kaufvertrag: Kilometerstand: xxxx oder man schreibt unter besondere Vereinbarung den Kilometerstand nochmals rein.

Beauftragen Sie einen Gutachter

Wenn man sich absichern möchte, kann man einen Gutachter beauftragen. Ein Gutachter kann -als sachverständige Person- das Fahrzeug überprüfen, einschätzen und ihnen einen entsprechenden Rat geben. Es gibt Gutachter, die auf solch eine „Autokaufbegleitung“ spezialisiert sind. Auch das Gutachterbüro Kadur übernimmt solche Tätigkeiten, zu finden unter: www. Kadur.de

Darüber hatten wir bereits berichtet. Der Artikel zum Thema Autokaufcoach bzw. Autokaufbegleitung kann hier nachgelesen werden. 

Scheckheft und Werkstattrechnungen

Wenn das Auto in der Werkstatt war, wird oft der Kilometerstand im Scheckheft notiert. Sollte der Kilometerstand der digitalen Anzeige niedriger als im Scheckheft sein, dann ist mit hoher Wahrscheinlichkeit der Kilometerstand manipuliert worden. Das Scheckheft (oder auch: „Serviceheft“, „Wartungsplan“) sollte also in jedem Fall beachtet werden. Auf Werkstattrechnungen wird regelmäßig auch der Kilometerstand des Fahrzeugs angegeben.

So viele Quellen wie möglich nutzen

Im Übrigen empfiehlt sich, zum Fahrzeugso viele Dokumente wie möglich zu erfragen. Das ist nicht dreist oder unverschämt, sondern hilfreich. So lassen sich Zweifel eher ausräumen. Ein guter Verkäufer wird dafür auch Verständnis haben. Je mehr Quellen vorhanden sind, desto besser lässt sich beurteilen, was stimmt oder nicht stimmt. Wenn starke Abweichungen bei den Kilometerzahlen vorkommen, sollte der Verkäufer sehr gute Gründe anführen können, warum das so ist.

Auf das Äußere des Fahrzeugs achten

Einige Dinge lassen sich auch an Äußerlichkeiten ablesen. Verschleißteile sollten genau beachtet werden. Sehen Lenkrad und Kupplung stark abgegriffen aus? Gibt es beim Beschleunigen, Lenken oder Bremsen ungewöhnliche Geräusche? Wurden einige Stellen überlackiert? Welcher Kilometerstand befindet sich auf Aufklebern am Fahrzeug? Wenn Aussagen des Verkäufers oder Kilometerstand im Tacho nicht mit Beobachtungen übereinstimmen, ist äußerste Vorsicht geboten.

Geräte und Apps zum „Entlarven“

Inzwischen sind auch einige Programme und Geräte auf dem Markt, mit dem sich Manipulationen laut Anbieter aufdecken lassen. Wie zuverlässig diese Geräte, Programme und „Apps“ sind, ist aber für Käufer schwierig zu beurteilen. Besonders listige oder geübte Manipulateure wissen, wie die Geräte funktionieren, und treffen Vorkehrungen. Absoluten Verlass auf die Geräte kann es deshalb nicht geben.

Kontakt zum Vorbesitzer

Im Fahrzeugbrief („Zulassungsbescheinigung Teil 2“) sind die Vorbesitzer eingetragen. Sofern das Geschäft dubios erscheint, sollten diese kontaktiert werden, um zu erfragen, wann das Auto mit welchem Kilometerstand verkauft wurde, wo es repariert wurde und ähnliches.

Wer trägt die Schuld an der nachteiligen Entwicklung?

Vor allem hat natürlich Schuld daran, wer ein Gerät manipuliert. Außerdem hat derjenige Schuld, der es verkauft, obwohl er weiß, dass es sich um ein manipuliertes Auto handelt. Oft wird aber bemängelt, dass die Hersteller der Autos nicht genug dagegen tun. Manchmal ist der Zugriff auf den Autocomputer viel zu leicht. Auch ohne Vorerfahrung können unverschlüsselte Daten schnell verändert werden. Dabei haben die Hersteller hinreichend erfahrenes Personal, das für eine gewisse Sicherheit sorgen könnte.

Sind neue Gesetze nötig?

Auch der Gesetzgeber könnte tätig werden. Es gibt zwar genug Gesetze, die im Falle der aufgedeckten Manipulation den Kunden schützen, indem sie Händler und Manipulateure in die Pflicht nehmen (und strafen). Die Prävention ist allerdings schwierig, denn viele Manipulationen bleiben unentdeckt und sind nicht immer nachweisbar, die Strafen schrecken daher nicht jeden ab.

Die Geräte, die für Manipulationen genutzt werden, können außerdem für sinnvolle Zwecke verwendet werden. So hat das Bundesverfassungsgericht in einer Entscheidung vom 9. Mai 2006 klargestellt, dass die Bereitstellung von Software dann nicht strafbar ist, wenn sich ihr objektiver Zweck auf „Reparatur, Justierung und Umstellung“ bezieht. Sie zu verbieten scheint daher ausgeschlossen. Möglich wäre es allerdings, die Hersteller gesetzlich zu einer sicheren Speicherung der Daten zu verpflichten. Sicherheitslücken würde es höchstwahrscheinlich weiterhin geben, allerdings wird die Manipulation dadurch erschwert. Was die Zukunft bringt, bleibt allerdings abzuwarten.

Eins wird sich jedoch nicht ändern: Der Händler hat regelmäßig mehr Wissen zu dem Auto, als der Käufer. Deshalb muss der Käufer sich umfassend informieren und jede Information nutzen, die hilfreich sein kann. Das gilt für alle Käufe – egal ob Gebrauchtwagen- oder Neuwagenkäufe. Unser Rat daher: Nicht glauben, sondern überprüfen! Außerdem sollte man schnell handeln, sobald die Manipulation am Kilometerstand bemerkt wird: Bei Ansprüchen laufen immer Fristen. Je schneller das Problem erkannt und bearbeitet wird, desto besser.

Dieser Text wurde durch die Kanzlei Schleyer erstellt.