Beweislastumkehr

recht

 

Der folgende Artikel soll den Begriff Beweislastumkehr erklären, damit man als Verbraucher die Bedeutung und Tragweite besser beurteilen kann. Anhand einiger Beispiele soll gezeigt werden, wer und vor allem wann die Beweislastumkehr zum Tragen kommt.

1. Warum muss man überhaupt etwas vor Gericht beweisen?

Wenn man seine Rechte durchsetzen möchte, dann muss man vor dem zuständigen Gericht gegen die Gegenseite eine Klage erheben. Die Verfahrensregeln die man beachten muss, sind in der Zivilprozessordnung geregelt. Grundsätzlich muss man vor Gericht alle Tatsachen beweisen, die zum Tatbestand einer ihr günstigen Rechtsnorm gehören (Beweislast). Man muss also Beweisen, dass die Voraussetzungen eines Paragrafen (sog. Anspruchsgrundlage) erfüllt sind, auf den man sich beruft. Jeder Paragraf hat andere Voraussetzungen. Wenn man die notwendigen Tatsachen nicht beweisen kann, kann man den Rechtsstreit allein aus diesem Grund verlieren.

Beispiel:

Wenn ein Verkäufer eine Sache den Kaufpreis vom Käufer einklagen möchte, dann muss er beweisen, dass die Voraussetzungen des § 433 Absatz 1 BGB erfüllt sind. In dem Paragrafen steht :

(1) Durch den Kaufvertrag wird der Verkäufer einer Sache verpflichtet, dem Käufer die Sache zu übergeben und das Eigentum an der Sache zu verschaffen. Der Verkäufer hat dem Käufer die Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen.

(2) Der Käufer ist verpflichtet, dem Verkäufer den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen und die gekaufte Sache abzunehmen.

Also muss der Verkäufer nun beweisen, dass er dem Käufer das Eigentum an der Sache verschafft und die Sache mangelfrei übergeben hat. Dies könnte er zum Beispiel durch einen unterzeichneten Kaufvertrag, in dem steht, dass die Sache geliefert und übergeben wurde.

Der Käufer wiederum müsste nach § 433 Absatz 2 BGB beweisen , dass er die Sache abgenommen und den vereinbarten Kaufpreis bezahlt hat. Dies könnte er zum Beispiel durch die Vorlage einer Quittung.

In beiden Fällen muss die jeweilige Partei also beweisen, dass bestimmte Tatsachen vorliegen.

2. Was muss man im Rahmen der Beweislastumkehr beweisen – wo ist das geregelt?

a. Die Beweislastumkehr ist in § 476 BGB geregelt. Dort steht:

Zeigt sich innerhalb von sechs Monaten seit Gefahrübergang ein Sachmangel, so wird vermutet, dass die Sache bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war, es sei denn, diese Vermutung ist mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar.

Wenn der Käufer eine Sache dem Gericht dargelegt hat, dass innerhalb der ersten 6 Monate seit Gefahrenübergang (meistens Übergabe der Sache) ein Mangel aufgetreten ist, muss der Verkäufer Beweisen (Beweislastumkehr), dass der Mangel nicht bei Gefahrenübergang vorgelegen hat. Der Verkäufer müsste also beweisen, dass etwas nicht so ist, wie vom Käufer vorgetragen. Bei der Beweislastumkehr muss man also beweisen, dass etwas „nicht so ist“ wie von der Gegenseite vorgetragen.

b. Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 12.10.2016 den Anwendungsbereich der Beweislastumkehr zu Gunsten der Verbraucher erweitert.  Grund dafür ist unter anderem, dass der Europäische Gerichtshof bereits mit Urteil vom 04.06.2015 die Verbrauchsgüterkaufrichtlinien anders bewertet hatte. Da auch das (deutsche) nationale Gesetz eines jeden Mitgliedstaates der Europäischen Union im Einklang mit den europarechtlichen Vorschriften stehen muss, muss der Paragraf zur Beweislastumkehr -476 BGB- anders angewendet bzw. dessen Anwendung erweitert werden. Dies ist nun durch das neue Urteil des Bundesgerichtshofs geschehen.

Mit dem neuen Urteil des Bundesgerichtshofs sind die Anforderungen an den Verbraucher als Käufer niedriger bzw. dien Anforderungen an den Unternehmer als Händler größer geworden. Nun gilt Folgendes:

  • Der Käufer muss nur nachweisen, dass innerhalb von sechs Monaten eine „Mangelerscheinung“ aufgetreten ist.
  • Der Käufer muss nicht mehr darlegen, auf welche Ursache dieser Zustand zurückzuführen ist.
  • Der Verkäufer muss beweisen, dass die Mangelerscheinung zum Zeitpunkt des Gefahrenübergangs noch nicht vorhanden war. Gelingt ihm das nicht (zum Beispiel weil es auch nach einer Beweisaufnahme unklar bleibt), geht das Lasten des Verkäufers. Die Mangelerscheinung darf auch nicht im Ansatz vorgelegen haben.

3. Findet die Beweislastumkehr bei jeder Art von Kaufvertrag Anwendung?

a. Die Antwort lautet Nein.

b. Die Beweislastumkehr kommt nur zum Tragen, wenn es sich um einen Verbrauchsgüterkauf handelt. Diese „Beweiserleichterung“ können nur Verbraucher geltend machen, die von einem gewerblichen Händler eine Sache gekauft haben.

Dieser Text wurde durch die Kanzlei Schleyer erstellt.