Seit langem stehen die Themen Elektromobilität und Mikromobilität im öffentlichen Diskurs. Bislang hat sich in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern trotzdem relativ wenig getan. Insbesondere war bisher die Nutzung vieler kleiner Elektrofahrzeuge im deutschen Straßenverkehr verboten. Das ändert sich auch nur schrittweise. Bislang wurden elektrische Fahrräder („Pedelecs“) und Segways erlaubt – letztere durch die „Mobilitätshilfenverordnung“ (MobHV) aus dem Jahre 2009. Mit Inkrafttreten der neuen Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung (EKFV) am 15.06.2019 gibt es weitere Öffnungen. Es gibt allerdings keine grenzenlose Legalisierung – nur bestimmte Kleingeräte werden im Straßenverkehr erlaubt sein, und es gibt einige wichtige Regeln, die man unbedingt beachten sollte.

Braucht man eine Zulassung?

Grundsätzlich gilt in Deutschland Folgendes: Sobald ein Fahrzeug durch Maschinenkraft (also nicht durch Muskelkraft) bewegt wird, ist es ein Kraftfahrzeug. Es gibt nur wenige Ausnahmen hiervon. Gemäß § 1 Abs. 1 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) muss jedes Kraftfahrzeug zugelassen sein, wenn es im öffentlichen Straßenverkehr genutzt werden soll. Außerdem muss dann der Fahrzeughalter gemäß § 1 des Pflichtversicherungsgesetzes (PflVG) versichert sein. Wer ein nicht zugelassenes Fahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr führt, den erwartet ein Bußgeld in Höhe von 70,- Euro und ein Punkt im Fahreignungsregister. Fährt jemand ohne Pflichtversicherung im öffentlichen Straßenverkehr, macht er sich sogar strafbar gemäß § 6 Abs. 1 PflVG.

Außerdem braucht man in Deutschland eine Fahrerlaubnis (umgangssprachlich als „Führerschein“ bezeichnet, der dient aber nur als Nachweis für die Fahrerlaubnis). Wer ohne Fahrerlaubnis ein Kraftfahrzeug führt, macht sich in Deutschland ebenfalls gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG strafbar.

Nutzung auf Privatgrundstücken

Wer sein Fahrzeug nur auf seinem eigenen Privatgrundstück nutzen möchte, der braucht weder Zulassung noch Versicherung, schließlich nimmt er nicht am öffentlichen Straßenverkehr teil. Das wird wohl den Ausnahmefall darstellen. Auf dem Privatgrundstück darf man aber alles nutzen, vom E-Roller bis zum Balance Wheel. Der Ankauf und Verkauf solcher Fahrzeuge ist auch legal.

Anders als von vielen erhofft werden viele Kleinstfahrzeuge, die auch jetzt auf dem Markt sind, im öffentlichen Verkehr verboten bleiben. In der EKFV werden nämlich bestimmte Anforderungen an die Fahrzeuge gestellt, die nicht auf alle Fahrzeuge zutreffen, die momentan auf dem Markt sind.

Ein Beispiel hierzu:

Die EKFV sieht in § 1 Nr. 2 vor, dass das Fahrzeug eine Lenk- oder Haltestange haben muss. In § 4 Abs. 1 wird vorausgesetzt, dass das Fahrzeug mit zwei unabhängigen Bremsen ausgerüstet ist. Die Maximalgeschwindigkeit darf laut § 1 Abs. 1 nur 20 km/h betragen. Das bedeutet, dass viele beliebte Fahrzeuge wie Smart Wheels bzw. Balance Wheels oder Hoverboards auch künftig nicht im Straßenverkehr genutzt werden dürfen. An dieser Stelle gibt es durchaus berechtigte Kritik, denn Geschwindigkeiten bis zu 20 km/h kann man auch zu Fuß erreichen, und weil diese Fahrzeuge kaum Eigengewicht haben, ist das Verletzungsrisiko nicht viel höher. Aber sinnvoll oder nicht – Gesetz ist Gesetz, und wer sich nicht daran hält, macht sich am Ende strafbar (siehe oben).

Hier sind einige Kriterien, die Fahrzeuge und Fahrer erfüllen müssen:

  • Der Fahrer muss mindestens 14 Jahre alt sein (§ 3 EKFV).
  • Es muss eine Allgemeine Betriebserlaubnis (ABE) bzw. Typengenehmigung für das Fahrzeug vorliegen (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 EKFV).
  • Man muss eine entsprechende Haftpflichtversicherung abschließen (§ 1 Abs. 1 PflVG) und die Versicherungsplakette am Fahrzeug anbringen (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 EKFV).
  • Das Fahrzeug muss elektrisch angetrieben werden (§ 1 Abs. 1 EKFV). Es darf nicht schwerer als 55 kg sein (§ 1 Abs. 1 Nr. 5) und nicht schneller als 20 km/h fahren können (§ 1 Abs. 1 EKFV).
  • Es muss zwei unabhängige Bremsen haben (§ 4 Abs. 1 EKFV) und Vorder- und Rücklichter haben (§ 5 Abs. 1 EKFV).
  • Außerdem muss eine Klingel („helltönende Glocke“ zwecks „Schallzeichenabgabe“) angebracht sein (§ 6 Abs. 1 EKFV).
  • Zuletzt darf das Fahrzeug auch nur eine Antriebskraft von 500 Watt haben (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 EKFV).

Was wird sich also ändern?

Wer gut aufgepasst hat, wird merken, dass sich wirklich sehr wenig ändern wird. Die Erlaubnis für Kleinstfahrzeuge ist sehr eng gehalten: Zusätzlich zu den bereits erlaubten Segways sind nun auch bestimmte E-Roller bzw. E-Scooter erlaubt. Eine Helmpflicht besteht im Übrigen nicht, anders als es bei Mofas und Motorrädern der Fall ist.

Was sollte man unbedingt beachten?

Vorsicht ist beim Kauf geboten – Jeder E-Roller, der im öffentlichen Straßenverkehr verwendet werden soll, braucht eine Allgemeine Betriebserlaubnis! Bis die ersten Geräte eine solche Erlaubnis haben, dauert es wohl noch ein wenig, denn das Kraftfahrt-Bundesamt muss die Typengenehmigungen noch erteilen, und etliche Anträge werden dort ab dem 15.6.2019 eingehen. Außerdem muss man unbedingt eine entsprechende Versicherung abschließen, und die Versicherungsplakette am Fahrzeug anbringen.

Auch Folgendes sollte man beachten: Wie ein Segway sind auch E-Roller Kraftfahrzeuge. Es gelten also nicht die höheren Promillegrenzen für Fahrräder, sondern die niedrigen für Kraftfahrzeuge! Wer mehr als 1,1 Promille Alkohol im Blut hat, und sich damit auf einem E-Roller erwischen lässt, den erwartet ein Strafverfahren. Lesen Sie dazu hier mehr.

Vorsicht beim Verleih

Aufpassen sollte man auch mit dem Verleihen eines nicht zugelassenen e-Kraftfahrzeugs. Wer nämlich weiß, dass jemand dieses Fahrzeug im Straßenverkehr ohne Fahrerlaubnis fahren wird, oder unvernünftigerweise die Augen verschließt, und ganz stark daran glaubt, dass das schon nicht passieren wird, und ihm dann trotzdem das Fahrzeug überlässt, der macht sich auch selbst nach § 21 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1 StVG sowie § 6 Abs. 1 Alt. 2 PflVG strafbar. Auch solche Späße wie eine öffentliche Aufforderung, nicht zugelassene Fahrzeuge im Straßenverkehr zu nutzen, sollte man auf jeden Fall lassen. Also bitte nicht auf dem YouTube-Channel dafür werben, E-Hoverboards auf dem Weg nach Hause zu nutzen, das ist rein formaljuristisch betrachtet eine öffentliche Aufforderung zu Straftaten und somit selbst nach § 111 StGB strafbar.

Umut Schleyer, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verkehrsrecht in Berlin