Gutachterkosten bzw. Sachverständigenkosten

1. Wenn man einen Gutachter bzw. Sachverständigenkosten mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt, entstehen dadurch Kosten. Diese Kosten bezeichnet man als Gutachterkosten bzw. Sachverständigenkosten. Ein Vertrag mit einen Gutachter bzw. Sachverständigen ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein Werkvertrag, vgl. 631 ff BGB.

2. Für die Bemessung der Vergütung des Gutachters/Sachverständigen ist der Inhalt der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung maßgeblich. Nach § 632 BGB sind folgende – in dieser Reihenfolge – Faktoren maßgeblich; tatsächliche Absprache, eine eventuell vorliegende Taxe oder die übliche Vergütung. Andernfalls ist eine verbleibende Vertragslücke nach den Grundsätzen über die ergänzende Vertragsauslegung zu schließen, für die Gegenstand und Schwierigkeit der Werkleistung und insbesondere die mit dem Vertrag verfolgten Interessen der Parteien von Bedeutung sein können. Nur wenn sich auf diese Weise eine vertraglich festgelegte Vergütung nicht ermitteln lässt, kann zur Ergänzung des Vertrages auf die Vorschriften der §§ 315, 316 BGB zurückgegriffen werden.

3. Was ist, wenn ich einen Gutachter nach einem Verkehrsunfall beauftrage?

Wenn man unverschuldet in einen Verkehrsunfall verwickelt wurde, dann ist man vom Unfallgegner und seiner Haftpflichtversicherung so zu stellen, wie ohne Unfall. Das bedeutet, dass der Unfallgegner und seine Haftpflichtversicherung dem Unfallgeschädigten grundsätzlich alle unfallbedingten Kosten zu erstatten hat. Dazu zählen vor allem die Gutachterkosten bzw. Sachverständigenkosten. Daher sollte man unbedingt einen Gutachter seiner Wahl beauftragen. Ein Gutachter lässt sich dazu einen Auftrag sowie eine Abtretung unterschreiben.

Haftpflichtversicherungen versuchen ihre Ausgaben so gering wie möglich zu halten. Daher haben sie ein großes Interesse daran, dass auch die Gutachterkosten so niedrig wie möglich ausfallen. Daher versuchen Haftpflichtversicherungen oft, die Gutachterkosten zu kürzen. Dies geschieht oft grundlos, in Kenntnis und entgegen der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Es wird mit allen Mitteln gearbeitet. Wenn man als Unfallgeschädigter nicht gut beraten ist, kann man auf diesen Kosten –völlig grundlos– sitzen bleiben.

Ein Sachverständiger, der für Routinegutachten eine an der Schadenshöhe orientierte angemessene Pauschalierung seiner Honorare vornimmt, überschreitet die Grenzen des ihm vom Gesetz eingeräumten Gestaltungsspielraums grundsätzlich nicht.

4. Dürfen Haftpflichtversicherungen die Gutachterkosten (grundlos) kürzen?

Zunächst hat man als Unfallgeschädigter einen Anspruch auf Erstattung aller unfallbedingten Kosten. Dazu zählen insbesondere die Gutachterkosten.

a. Mit Urteil vom 22.07.2014 hat der Bundesgerichtshof festgestellt, dass die gegnerische Haftpflichtversicherung die Gutachterkosten nicht grundlos kürzen darf.

Das Urteil kann hier nachgelesen werden.

Gutachterkosten

b. Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 26.04.2016 jedoch klargestellt, dass der Unfallgeschädigte die Preise des Gutachter auf Plausibilität prüfen muss und er diese nur ersetzt verlangen kann, soweit diese angemessen und erforderlich sind. Er hat auch entschieden, dass der Tatrichter im Rahmen der Schätzung der bei der Begutachtung anfallenden und erforderliche Nebenkosten gemäß § 287 ZPO die Bestimmungen des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes (JVEG) als Orientierungshilfe heranziehen darf.

Das Urteil kann hier nachgelesen werden.

c. Der Bundesgerichtshof hat mit urteil vom 30.11.2004 entschieden, dass auch bei kleineren Schäden die Gutachterkosten bezahlt werden müssen, wenn kein Bagatellschaden vorliegt.  Dabei kommt es in erster Linie nicht auf die Höhe des Schadens an (was viele nicht wissen!).

Das Urteil kann man hier nachlesen.

d. Die Realität zeigt jedoch, dass viele Haftpflichtversicherungen versuchen, diverse Kosten des Unfallgeschädigten systematisch (und meistens grundlos) zu kürzen, um Geld zu sparen. Das geschieht oft auf Kosten des Unfallgeschädigten. Einen Artikel zu diesem Thema kann man hier nachlesen.

Hier kann man nachlesen, wie die HUK, HUK24 oder HUK-Coburg unberechtigt die Gutachterkosten kürzt.

e. Muss der Geschädigte die einzelnen Positionen einer Gutachterrechnung prüfen, ob diese erkennbar überhöht sind?

Die Antwort lautet NEIN.

Zum einen gibt es für einen Unfallgutachter keine gesetzliche, verbindliche Regelung. Zum anderen kann man von einem Laien nicht verlangen, dass er die einzelnen Rechnungspositionen kennt, einordnen und deren Angemessenheit beurteilen kann. Das Amtsgericht Hamburg-Wandsbek hat dies mit Urteil vom 05.01.2016 vom ausführlich und plausibel begründet. Das Urteil kann hier nachgelesen werden.

Umut Schleyer – Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verkehrsrecht in Berlin