Ein Formular mit der Überschrift
„Schadensaufnahme“
ist kein Gutachtenauftrag!
2. Was ist passiert?
Der Halter eines PKW wurde unverschuldeten in einen Unfall verwickelt. Es handelte sich um einen Parkplatzunfall. Die Ehefrau des Halters ging am 18.3.2014 in ein Autohaus in München und wollte eigentlich einen Kostenvoranschlag in Auftrag geben. Im Autohaus füllte sie jedoch ein Formblatt aus auf dem das Wort „SCHADENSAUFANAHME“ stand. Auf dem Formblatt war das Wort „Rechnung“ ausgestrichen. Am unteren Rand gab es einen Hinweis, der wie folgt lautete:
„Die Unterschrift gilt als Auftragserteilung zur Erstellung des Gutachtens…“.
Daraufhin wurde ein Gutachter tätig, erstellte ein Unfallgutachten und übergab der Ehefrau des Halters noch vor Ort die Rechnung über 771,00 Euro. Die Ehefrau des Halters ist zwischenzeitlich verstorben. Der Gutachter verlangte die Bezahlung der Rechnung. Der Halter lehnte dies ab. Daraufhin erhob der Gutachter vor dem Amtsgericht München eine Zahlungsklage.
3. Zu welchem Ergebnis kam das Amtsgerichts München?
Das Amtsgericht München wies die Klage des Gutachters ab.
Das Gericht vertritt die Auffassung, dass der Gutachter das Zustandekommen eines Vertrages nicht beweisen konnte. Einen schriftlichen Gutachtenauftrag lehnte das Gericht ab. Zum einen sei hier bereits die Überschrift auf dem Formblatt „SCHADENSAUFNAHME“ irreführend, so dass ein Laie nicht von einem kostenpflichtigen Gutachtenauftrag ausgehen darf. Zum anderen spreche das Ausstreichen des Wortes „Rechnung an“ dafür, dass eben keine kostenpflichtige Leistung erbracht werden sollte. Auch der kleingedruckte Satz überzeugte das Gericht nicht. Ein Laie, der dieses Formular betrachtet, kann in der konkreten Situation nicht davon ausgehen, dass er einen kostenpflichtigen Gutachtenauftrag unterzeichnet.
3. Unser Tipp
Die Grundlage für jeden Gutachter ist der Gutachtenauftrag, also der zugrunde liegende Vertrag. Daher ist es zwingend erforderlich, dass der Gutachtenauftrag richtig und wirksam ist. Viele Gutachter bezeichnen diesen Gutachtenauftrag als „Abtretungserklärung„. Richtig ist (rechtlich), dass der Gutachtenauftrag eine Abtretungserklärung enthält. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass zwischen dem Auftraggeber und dem Gutachter ein Werkvertrag zustande kommt. Dies sollte jeder Gutachter –aber auch jeder Auftraggeber– wissen.
Umut Schleyer – Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verkehrsrecht in Berlin
Hier kann man dem Gericht bzw. dem Richter uneingeschränkt zustimmen, denn auch wir füllen einen Schadensaufnahmebogen aus, der in der Regel allerdings nicht vom Geschädigten unterschrieben werden muss sondern lediglich eine Gedächtnisstütze für den Sachverständigen darstellt und des Weiteren dazu dient das man alle erforderlichen Daten auf einen Blick für die Kalkulation zur Hand hat und diese nicht aus der sich ansammelnden Lose-Blatt-Sammlung zusammensuchen muss.
Unterschrieben wird bei uns lediglich eine Abtretungserklärung und da hier seitens der Versicherer Fallstricke vorhanden sind sogar doppelt. Um den bürokratischen Verwaltungsaufwand perfekt zu machen muss der Geschädigte bei vor Ort Besichtigungen obendrein eine Widerrufsbelehrung unterschreiben.
Ungeachtet dessen und um auf den vorliegenden Fall zurückzukommen scheint die Dame hier vom Autohaus ohnehin schlecht beraten worden zu sein, denn anhand der Honorarrechnung sollte die Bagatellschadensgrenze deutlich und sichtbar überschritten gewesen zu sein. Bei unklarer Haftung empfehle ich meinen Kunden stets erst ein klärendes Gespräch mit dem Fachanwalt für Verkehrsrecht seines (oder meines) Vertrauens. Ein Kunde, dem ich das Geld aus der Tasche gezogen habe wird kaum eine Empfehlung aussprechen. Nur ein zufriedener Kunde generiert Folgeaufträge und damit Umsatz und dies gilt unabhängig vom Betrieb.