1. Definition des Begriffs Haftung

Das Wort Haftung beschreibt die Leistungspflicht eines Schuldners.

2. Erklärung des Begriffs Haftung

Haftung ist ein Begriff aus dem Zivilrecht. Wird danach gefragt, wer haftet, dann wird gefragt, an wen sich ein Anspruch richtet. Es wird also danach gefragt, wer dazu verpflichtet ist, eine bestimmte Handlung vorzunehmen. In einfachen Worten: Wer kann wegen etwas belangt werden? Wer wird zur Verantwortung gezogen?

In der Praxis ist diese Frage sehr relevant. Egal ob es sich um einen Schadensersatzanspruch, einen Unterlassungsanspruch oder Beseitigungsanspruch handelt. Denn es kann nur derjenige in Anspruch genommen werden, der haftet. Wird gegen jemanden vorgegangen, der nicht haftet, ist eine Klage unbegründet.

3. Arten der Haftung

Es gibt verschiedene Arten von Haftung:

  • Verschuldensabhängige Haftung (Regelfall)
  • Haftung für eigenes Verschulden (Regelfall)
  • Haftung für fremdes Verschulden
    • Verrichtungsgehilfen
    • Erfüllungsgehilfen
    • Mittäter und Teilnehmer
  • Verschuldensarten
    • Vorsatz
    • Fahrlässigkeit
  • Verschuldensunabhängige Haftung
    • Störerhaftung
    • Gefährderhaftung

Diese Liste ist nicht abschließend, führt aber die wichtigsten Arten der Haftung auf. Um zu zeigen, worum es sich handelt, folgen nun ein paar Beispiele und nähere Erläuterungen.

Verschuldensabhängige Haftung

Die allermeisten Ansprüche setzen eine Haftung für eigenes Verschulden voraus. Sie werden als Ansprüche mit verschuldensabhängiger Haftung bezeichnet. Es wird in diesem Kontext auch vom so genannten Verschuldensprinzip gesprochen. Verschulden wird meist bei Verstößen gegen vertragliche Pflichten, Haupt- und Nebenleistungspflichten sowie bei der Deliktischen Haftung erfordert. Der deliktische Schadensersatzanspruch aus § 823 I BGB setzt zum Beispiel Verschulden in Form von Vorsatz oder Fahrlässigkeit voraus:

Wer vorsätzlich oder fahrlässig […] das Eigentum […] eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

Es wird an eine Handlung angeknüpft, die ein Rechtsgut einer anderen Person verletzt. Der Schädiger muss dabei entweder vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt haben. Ein Irrtum ist, dass das Wort „handeln“ nur aktive Betätigung umfasst. Es gibt auch Fälle, in denen eine Pflicht zum Agieren besteht. In diesen Fällen darf eine bestimmte Betätigung nicht unterlassen werden. Eine solche Pflicht ist zum Beispiel die elterliche Sorgepflicht.

Vorsatz und Fahrlässigkeit

Bei vorsätzlichen Schädigungen wird regelmäßig gehaftet. Dann erstreckt sich die Haftung meist auch nicht auf Schäden am Eigentum oder Körperverletzungen, sondern auch auf reine Vermögensschäden. Normen wie § 826 BGB sind dann anwendbar. Vorsatz ist aber schwer nachzuweisen. Nach § 823 I BGB wird auch für Fahrlässigkeit gehaftet. Fahrlässigkeit heißt grob gesagt, dass der Schädiger vielleicht nicht absichtlich gehandelt hat, aber er die Folgen seines Handelns hätte voraussehen können. Spielen zwei Kinder mit einem Fußball, und eine Scheibe geht zu Bruch, dann ist das vielleicht nicht vorsätzlich passiert, aber fahrlässig. Dieses Prinzip lässt sich auch auf andere Bereiche wie das Verkehrsrecht anwenden.

Vermutetes Verschulden

In einigen Fällen wird vermutet, dass jemand einen bestimmten Umstand verschuldet hat. Es wird hierbei vom „vermuteten Verschulden“ gesprochen. Üblicherweise hat der Anspruchsteller alle Anspruchsbegründenden Tatsachen vorzutragen und zu belegen. Beim vermuteten Verschulden ist das genau anders herum. Die Vermutung muss im Prozess durch den Beklagten entkräftet werden.

Verschuldensunabhängige Haftung

Daneben gibt es die verschuldensunabhängige Haftung. Sie setzt kein Verschulden voraus, also weder Vorsatz noch Fahrlässigkeit. Es handelt sich somit um eine erheblich strengere Haftung. Liegen die Voraussetzungen für den Anspruch vor, dann wird gehaftet, egal ob ein Umstand verschuldet wurde oder nicht. Sie bilden aber eine Ausnahme, so wie das vermutete Verschulden. Meistens wird bei verschuldensunabhängiger Haftung an eine besondere Gefahr einer Sache angeknüpft, auf die jemand zu achten hat, oder die er zu überwachen hat.

Beispiele für die verschuldensunabhängige Haftung:

  • Die Produkthaftung aus § 1 ProdHaftG
  • Die Tierhalterhaftung aus § 833 BGB
  • Die Haftung des Fahrzeughalters aus § 7 StVG
  • Die irrtümliche Selbsthilfe, § 231 BGB

Die Produkthaftung verpflichtet den Hersteller zum Schadensersatz, wenn durch den Fehler eines Produkts Körper- oder Sachschäden entstehen. Die Tierhalterhaftung verpflichtet den Tierhalter, für Sach- oder Körperschäden aufzukommen, wenn sein Tier diese verursacht. Der Fahrzeughalter hat nach § 7 StVG für Schäden einzustehen, die sein Fahrzeug bei Betrieb verursacht. Voraussetzung für diese Ansprüche ist allerdings, dass sich die Gefahr verwirklicht, die der Sache anhaftet.

Zur Fahrzeughalterhaftung führte das Oberlandesgericht Hamm mit Urteil vom 02.09.2016 folgendes aus:

„Wie das Landgericht zutreffend ausführt, setzt das haftungsbegründende Tatbestandsmerkmal „bei Betrieb eines Kraftfahrzeuges“ grundsätzlich voraus, dass sich in dem jeweiligen Unfallgeschehen eine von einem Kraftfahrzeug ausgehende Gefahr realisiert hat und das Schadensgeschehen dadurch insgesamt mitgeprägt wurde (BGH, Urteil vom 26.04.2005, Az.: VI ZR 168/04, zitiert nach juris). Dabei muss die Unfallursache im Betrieb des Kraftfahrzeuges begründet sein, d.h., dieses muss durch seine Funktion als Fortbewegungs- und Transportmittel das Unfallgeschehen in irgendeiner Form mit beeinflusst haben.“

Das komplette Urteil lässt sich hier nachlesen.

Strengere und mildere Haftung

Neben den gesetzlichen Vorschriften zur Haftung kann eine schärfere oder mildere Haftung zwischen zwei Personen vereinbart werden, wie in § 276 I BGB folgendermaßen beschrieben ist:

Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist.

In einem Vertrag kann demnach festgelegt werden, dass die andere Partei nur bei vorsätzlichem Handeln (milder) oder sogar bei leicht fahrlässigem Handeln (strenger) bereits haftet. Auch die verschuldensunabhängige Haftung kann vereinbart werden (allerdings nur in Grenzen und nicht durch AGB). Zu berücksichtigen ist allerdings, dass die Haftung wegen Vorsatzes gemäß § 276 III BGB nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann. Bei einem Autounfall ist beispielsweise nichts zwischen beiden Parteien vorher vereinbart. Diese Regel greift daher nie in solchen Konstellationen.

4. Haftung bei Verkehrsunfällen

Bei Verkehrsunfällen ist es oft so, dass es einen Teil gibt, der den Unfall vorwiegend verschuldet hat. Dieser Teil würde grundsätzlich nach § 823 I BGB bzw. § 7 StVG haften. Es wird dann mit dem gesamten Vermögen gehaftet, und zwar zu dem Anteil, zu dem der Schädiger es verschuldet ist. Bei Unfällen können aber immense Kosten entstehen. Insbesondere, wenn eine Person dabei verletzt wird. Das könnte Verkehrsteilnehmer schnell in die Privatinsolvenz treiben, wenn sie auch nur in geringem Umfang gegen ihre Pflichten verstoßen. Allerdings greift in diesen Fällen eine gesetzliche Haftpflichtversicherung. Die Haftpflichtversicherung kann immer nach § 115 I Nr. 1 VVG in Anspruch genommen werden. Diese Versicherung deckt Kosten bis zu einer gewissen Grenze ab und hält so den Schädiger frei von hohen Kosten, die er sonst allein zu tragen hätte.

Dieser Text wurde durch die Kanzlei Schleyer erstellt.