1. Allgemeines zur Verkehrssicherungspflicht

Eine Verkehrssicherungspflicht umfasst die Pflicht einer (oder mehrerer Personen), dafür Sorge zu tragen, dass durch eine geschaffene Gefahrenquelle andere Personen nicht zu schaden kommen. Man ist als Verantwortlicher daher verpflichtet, die Gefahrenquelle so (ausreichend) zu sichern, dass niemand zu schaden kommt. Jeder der Gefahrenquellen schafft oder unterhält, muss auch die notwendigen Maßnahmen zum Schutze Dritter ergreifen. Nach diesem Grundsatz treffen insbesondere Eigentümer eines Grundstücks, der einen öffentlichen Verkehr auf seinem Grundstück eröffnet – oder aber auch bloß duldet – Verkehrssicherungspflichten. Diese verpflichten ihn, das Grundstück nebst allen mitvermieteten Räumen und Flächen auf Gefahrenquellen hin zu überprüfen und gegebenenfalls Maßnahmen zur Gefahrenabwehr zu treffen.

Eine Haftung kann unter anderem wegen folgender Situationen in Betracht kommen:

Umstürzende Bäume oder abfallende Äste

große Schlaglöcher

defekte technische Anlage

Wegrollender und unfallverursachender Einkaufswagen

Streupflicht im Winter – Glatteis

Dächer – herunterfallende Ziegel oder Eiszapfen

Brandschaden durch Himmelslaternen

2. Was ist zu beachten – was sagen die Gerichte?

a. Das Gesetz definiert den Begriff der Verkehrssicherungspflicht nicht; vielmehr wurde der Begriff von der Rechtsprechung entwickelt. Insofern handelt es sich bei der Verkehrssicherungspflicht um eine allgemeine Rechtspflicht. Der Bundesgerichtshof, als höchste zivilrechtliche Instanz definiert die Verkehrssicherungspflicht wie folgt:

Die rechtlich gebotene Verkehrssicherung umfasst diejenigen Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren. Dabei muss nicht für alle denkbaren Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge getroffen werden. Es sind vielmehr nur die Vorkehrungen zu treffen, die geeignet sind, die Schädigung anderer tunlichst abzuwenden. Der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt ist genügt, wenn im Ergebnis derjenige Sicherheitsgrad erreicht ist, den die in dem entsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung für erforderlich hält. Daher reicht es anerkanntermaßen aus, diejenigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, die ein verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter Angehöriger der betroffenen Verkehrskreise für ausreichend halten darf, um andere Personen vor Schäden zu bewahren, und die den Umständen nach zuzumuten sind.

Somit sind nur die Vorkehrungen zu treffen, die nach Lage der Verhältnisse erforderlich sind. Der Bundesgerichtshof hat aber auch festgestellt, dass das zivilrechtliche Verbot der Gefährdung des Verkehrs nach seiner Zielsetzung umfassender sein kann, als die z. B. der staatlichen Bauaufsicht zukommende Aufgabe. Dies kann dazu führen, dass über die sich aus dem Baurecht ergebenden Verpflichtungen hinaus, Vorkehrungen zu treffen sind.

b. Kein Haftungsausschluss durch ein Schild „Auf eigene Gefahr!“

Auf Gefahrenzonen hinweisende Schilder sind vielfach ein probates Mittel im Rahmen der Verkehrssicherung. Dabei ist jedoch für eine Erkennbarkeit der Hinweisschilder (z. B. kann es durch Verschmutzung oder mangelnder Sichtbarkeit kommen) Sorge zu tragen. Die Verkehrssicherungspflicht des Eigentümers entfällt nicht zwingend dadurch, dass er am Beginn des Gefahrenbereichs ein Schild unter Verwendung der Aufschrift „Auf eigene Gefahr!“ aufstellt. Auf diesem Wege kann sich der Eigentümer seiner weitergehenden Verkehrssicherungspflichten nicht entledigen; dies gilt insbesondere gegenüber zur Benutzung befugten Personen.

c. Mitverschulden

Hinweisschilder spielen z. B. eine große Rolle, wenn es um die Frage des Mitverschuldens des Verletzten (§ 254 des Bürgerlichen Gesetzbuches) zu tun ist. Wenn bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Geschädigten mitgewirkt hat, hängt die Verpflichtung zum Schadenersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist. Ein solches Mitverschulden des Verletzten liegt vor, wenn ein sorgfältiger Mensch Anhaltspunkte für eine Verkehrssicherungspflichtverletzung hätte rechtzeitig erkennen können und darüber hinaus die Möglichkeit besaß, sich auf die Gefahr entsprechend einzustellen. Dabei kann die Aufschrift eines Schildes geeignet sein, Dritte zu einer besonderen Vorsicht anzuhalten.