Das Teilanerkenntnisurteil ist ein Urteil, das im Rahmen einer zivilrechtlichen Streitigkeit ergehen kann. Die Anerkenntnis ist in § 307 S 1 Alt. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) geregelt.

Erklärung des Begriffs Teilanerkenntnisurteil

Jeder kennt den Begriff „Geständnis“ aus dem Strafrecht. Im Rahmen eines Geständnisses räumt der Täter einer Straftat (oder mehrerer Straftaten) ein, diese begangen zu haben. Eine ganz ähnliche Möglichkeit, seine Schuld einzugestehen, gibt es auch im Zivilrecht.

Was heißt Anerkenntnis?

Im Zivilprozess gibt es regelmäßig einen Kläger, der seinen Anspruch durchsetzen will. Dieser Anspruch kann auf ein Tun, Dulden oder Unterlassen gerichtet sein, zum Beispiel kann es ein Anspruch auf Zahlung eines Geldbetrags sein. Daneben gibt es regelmäßig einen Beklagten, der den Anspruch abwehren möchte. Statt diesen Anspruch abzuwehren, kann der Beklagte aber auch den Anspruch des Klägers anerkennen. Er gibt dann einfach eine Erklärung ab, dass er den gegen ihn erhobenen Anspruch anerkennt. Auf Grundlage dieser Erklärung ergeht dann ein Urteil, das so genannte „Anerkenntnisurteil“.

Die Dispositionsmaxime im Zivilrecht

Das ist im Zivilrecht so möglich, denn hier können dem Grunde nach die beiden Parteien über das Zustandekommen und den Verlauf des Verfahrens nach ihrem Belieben entscheiden. Sie müssen selbständig Beweise erheben, Anträge stellen und Tatsachenstoff beiführen. Sie können folglich über das Verfahren disponieren. Diesen Grundsatz, dass im Zivilrecht das Verfahren in den Händen der Parteien liegt, nennt man deshalb auch „Dispositionsmaxime“ oder auch „Verfügungsgrundsatz“. Weil dieser Grundsatz nicht nur für den Beklagten, sondern auch für den Kläger gilt, gibt es auch entsprechende Gegenstücke zur Anerkenntnis. Der Kläger hat zum Beispiel die Möglichkeit, die Klage einzuschränken oder zurückzunehmen.

Wie weit geht dieser Grundsatz?

Wer nicht klagen will, der klagt nicht – praktisch niemand ist dazu gezwungen (es gibt wenige Ausnahmen). Dass die Parteien über das Verfahren komplett bestimmen können, kann teilweise auch seltsame Konsequenzen haben: Über unstrittige Tatsachen, also Tatsachen, die beide Parteien anerkennen, wird kein Beweis erhoben. Wenn beide Parteien sagen, dass ein Auto grün ist, dann ist das Auto auch für das Gericht grün. Auch wenn es tatsächlich blau ist. Anders als im Strafrecht werden solche unbestrittenen Behauptungen nicht von Amts wegen untersucht oder hinterfragt. Bei einer Anerkenntnis wird – anders als das Geständnis im Strafrecht – keine Sachprüfung vorgenommen. Wer will, der kann auch einen Anspruch anerkennen, der tatsächlich gar nicht besteht. Es werden nur Zulässigkeit und Wirksamkeit der Anerkenntnis überprüft.

Umfang der Dispositionsmaxime

Ein besonders krasses Beispiel für den Umfang der Dispositionsmaxime stellt ein Prozess zwischen VW und einem Geschädigten des Abgasskandals dar: Eine Käuferin eines VW Beetle Cabrio erhob Klage gegen VW beim Landgericht (LG) Heilbronn. Das Landgericht entschied mit Urteil vom 09.08.2018 eindeutig zu Gunsten der Klägerin.

Wörtlich heißt es im Urteil:

„[VW] hat die Klägerin in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise zumindest bedingt vorsätzlich geschädigt. [VW hat] eine Schädigung der Käufer […] aus eigennützigen Motiven, nämlich aus bloßem Gewinnstreben, in sittlich anstößiger Weise billigend in Kauf genommen

Daraufhin wurde das Urteil zugestellt. Einen Tag später erklärte die Käuferin, sie nehme die Klage, das ihr in der Sache vollumfänglich Recht gab, komplett zurück. Grundlage dafür sei wohl ein „Vergleich“ beider Parteien. Kritiker vermuten dahinter eine gezielte Taktik von VW, negative Grundsatzurteile zum Dieselskandal zu verhindern. Was man aber vor allem daraus lernen kann: Die Dispositionsmaxime geht tatsächlich so weit, dass die Rücknahme der Klage sogar nach einem Urteil möglich ist, wie § 269 Abs. 3 ZPO festlegt:

„Wird die Klage zurückgenommen, so ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen; ein bereits ergangenes, noch nicht rechtskräftiges Urteil wird wirkungslos, ohne dass es seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf.“

Anerkenntnis – auch teilweise möglich!

Das Gesetz sieht nicht nur die komplette Anerkenntnis oder das Ablehnen des gesamten Anspruchs vor. Gemäß § 307 Satz 1 Alt. 2 ZPO kann auch nur ein Teil des Anspruchs anerkannt werden:

„Erkennt eine Partei den gegen sie geltend gemachten Anspruch ganz oder zum Teil an, so ist sie dem Anerkenntnis gemäß zu verurteilen. Einer mündlichen Verhandlung bedarf es insoweit nicht.“

Diese Möglichkeit, einen Teil des Anspruchs anzuerkennen, nennt man Teilanerkenntnis. Ergeht auf der Grundlage dieser Teilanerkenntnis ein Urteil, dann spricht man von einem Teilanerkenntnisurteil. Der restliche (strittige) Teil des Verfahrens kann dann getrennt davon verhandelt und entschieden werden. Je nach Lage kann entweder zunächst ein Teilanerkenntnisurteil und dann ein Schlussurteil erlassen werden, oder es ergeht ein einziges „Teilanerkenntnis- und Schlussurteil“.

Dazu ein kleines Beispiel:

Herr P und Frau Q streiten sich um Geld. Q sagt, sie habe einen Anspruch in Höhe von 4.500,- Euro gegen P. P sieht das anders, er meint, es seien nur 4.200,- Euro. Q klagt nun gegen P vor dem Landgericht auf Leistung der 4.500,- Euro. P kann nun in Höhe von 4.200,- Euro anerkennen. Er muss sich nicht um den kompletten Betrag streiten, sondern kann diesen Teil des Streits „abhaken“, sodass sich der Streit nur noch um die restlichen 300,- Euro dreht.

Sind Anerkenntnis oder Klagerücknahme überhaupt sinnvoll?

Eigentlich, so könnte man meinen, hat eine Anerkenntnis keine positiven Auswirkungen für den Anerkennenden. Der Kläger kann nun gegen ihn vorgehen, indem er das Urteil im Rahmen der Zwangsvollstreckung durchsetzt. Allerdings kann es Vorteile in Bezug auf die Prozesskosten bieten.

Bei sofortigem Anerkenntnis, geregelt in § 93 ZPO, hat der Kläger die Kosten des Prozesses zu tragen, wenn der Beklagte nicht zur Erhebung der Klage Veranlassung gegeben hat, und der Beklagte den Anspruch des Klägers sofort anerkennt. Auch eine Klagerücknahme kann sinnvoll sein. Sollte sich während des Prozesses abzeichnen, dass ein Anspruch auf jeden Fall nicht gerichtlich durchgesetzt werden kann (zum Beispiel weil sich die Beweislage komplett ändert), dann ist eine Klagerücknahme geboten. Denn die unterliegende Partei trägt gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits.

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Umut Schleyer, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verkehrsrecht in Berlin