1. Sachlage

Eine Fahrradfahrerin fuhr Ende Juni 2011 zunächst auf der linken Seite der Münchner Straße in Kirchheim auf dem dafür vorgesehenen Radweg. An der Kreuzung wollte sie links in diesen einbiegen. Dabei befuhr sie die – aus ihrer Sicht –Gegenfahrbahn mit der Absicht, nach einem kurzen Stück dann auf der richtigen Fahrbahn weiterzufahren. Sie umging damit die in der Kreuzung befindliche Verkehrsinsel, die sie eigentlich hätte umrunden müssen. Bevor sie die Absicht ausführen konnte, kam ihr jedoch ein Mercedes entgegen.

Dieser erfasste die Radfahrerin. Sie erlitt zahlreiche Prellungen am Rücken und großflächige Hämatome. Deshalb verlangte sie von der Mercedesfahrerin 1.500 Euro Schmerzensgeld und die Zusage, dass sie zumindest 50% der möglicherweise künftig noch entstehenden Schäden zu ersetzen habe. Diese weigerte sich zu zahlen. Sie könne nichts für den Unfall. Schließlich sei die Radfahrerin auf der falschen Straßenseite gefahren. Hiergegen erhob die Radfahrerin Klage.

2. Urteil des Amtsgerichts München

Das AG München hat die Klage abgewiesen.

Nach Auffassung des Amtsgerichts ist das Verschulden der Radfahrerin so überwiegend, dass eine Haftung der Autofahrerin entfällt. Verstoße eine Radfahrerin gegen gravierende Sorgfaltspflichten, könne dieses Verhalten so schwer wiegen, dass sie die alleinige Haftung treffe und die Betriebsgefahr vollständig zurücktrete.

Hier sei die Radfahrerin nach links in eine Fahrbahn eingebogen, welche ausschließlich dem Gegenverkehr vorbehalten sei. Sie hätte die Absicht gehabt, diese ein kurzes Stück zu befahren und erst dann auf „ihre“ Seite zu wechseln. Die Mercedesfahrerin dagegen hätte nicht mit Gegenverkehr rechnen müssen. Erschwerend komme noch hinzu, dass die Sicht der Mercedesfahrerin nach rechts durch einen Bauzaun erheblich eingeschränkt gewesen sei und auch die Radfahrerin durch diesen keine freie Sicht gehabt habe. Sie sei quasi „blind“ abgebogen.

Das Urteil ist rechtskräftig (Urteil des AG München, 25.11.2013, AZ 345 C 23506/12).

3. Fazit der Sorgfaltspflichten für Fahrradfahrer

Erst gegen elementare Vorschriften verstoßen, einen Verkehrsunfall verursachen und anschließend trotzdem Schadenersatz fordern. Dies klingt wahnsinnig, ist aber traurige Realität. Daher sollten sich ALLE Verkehrsteilnehmer an die eigene Nase fassen und Rücksicht auf andere nehmen!

Dieser Text wurde durch die Kanzlei Schleyer erstellt.