Ein Formular mit der Überschrift

„Schadensaufnahme“

ist kein Gutachtenauftrag!

1. Das Amtsgericht München hat mit Urteil vom 13.07.2017 entschieden, dass ein Formular mit der Überschrift „Schadensaufnahme“ in der Regel keinen Auftrag zur Erstellung eines Gutachtens darstellt. Das Urteil ist rechtskräftig.

2. Was ist passiert?

Der Halter eines PKW wurde unverschuldeten  in einen Unfall verwickelt. Es handelte sich um einen Parkplatzunfall. Die Ehefrau des Halters ging am 18.3.2014 in ein Autohaus in München und wollte eigentlich einen Kostenvoranschlag in Auftrag geben. Im Autohaus füllte sie jedoch ein Formblatt aus auf dem das Wort „SCHADENSAUFANAHME“ stand. Auf dem Formblatt war das Wort „Rechnung“ ausgestrichen.  Am unteren Rand gab es einen Hinweis, der wie folgt lautete:

 „Die Unterschrift gilt als Auftragserteilung zur Erstellung des Gutachtens…“.

Daraufhin wurde ein Gutachter tätig, erstellte ein Unfallgutachten und  übergab der Ehefrau des Halters noch vor Ort die Rechnung über 771,00 Euro. Die Ehefrau des Halters ist zwischenzeitlich verstorben. Der Gutachter verlangte die Bezahlung der Rechnung. Der Halter lehnte dies ab. Daraufhin erhob der Gutachter vor dem Amtsgericht München eine Zahlungsklage.

3. Zu welchem Ergebnis kam das Amtsgerichts München?

Das Amtsgericht München wies die Klage des Gutachters ab.

Das Gericht vertritt die Auffassung, dass der Gutachter das Zustandekommen eines Vertrages nicht beweisen konnte. Einen schriftlichen Gutachtenauftrag lehnte das Gericht ab. Zum einen sei hier bereits die Überschrift auf dem Formblatt „SCHADENSAUFNAHME“ irreführend, so dass ein Laie nicht von einem kostenpflichtigen Gutachtenauftrag ausgehen darf. Zum anderen spreche das Ausstreichen des Wortes „Rechnung an“ dafür, dass eben keine kostenpflichtige Leistung erbracht werden sollte. Auch der kleingedruckte Satz überzeugte das Gericht nicht. Ein Laie, der dieses Formular betrachtet, kann in der konkreten Situation nicht davon ausgehen, dass er einen kostenpflichtigen Gutachtenauftrag unterzeichnet.

3. Unser Tipp

Die Grundlage für jeden Gutachter ist der Gutachtenauftrag, also der zugrunde liegende Vertrag. Daher ist es zwingend erforderlich, dass der Gutachtenauftrag richtig und wirksam ist. Viele Gutachter bezeichnen diesen Gutachtenauftrag als „Abtretungserklärung„. Richtig ist (rechtlich), dass der Gutachtenauftrag eine Abtretungserklärung enthält. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass zwischen dem Auftraggeber und dem Gutachter ein Werkvertrag zustande kommt. Dies sollte jeder Gutachter –aber auch jeder Auftraggeber– wissen.

Umut Schleyer – Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verkehrsrecht in Berlin