Rote Kennzeichen; Jeder hat sie mal gesehen, aber kaum jemand weiß. Um zu erklären, wieso es sie gibt, und was sie bedeuten, folgt eine kurze Erläuterung, wie es sich grundsätzlich mit Kennzeichen verhält.

Warum gibt es Kennzeichen?

Ursprünglich haben die Bundesländer Kennzeichen für Fahrräder und Autos eingeführt, um die Fahrerflucht zu bekämpfen. Sollte jemand nach einem Unfall mit dem Fahrzeug einfach wegfahren, lässt sich anhand des Kennzeichens eindeutig erkennen, wem das Fahrzeug zuzuordnen ist. Auch Fußgänger und Radfahrer können sich der Unfallflucht nach § 142 des Strafgesetzbuchs strafbar machen, dennoch müssen sie keine Erkennungsschilder tragen. Aufgrund der vielen Fälle der Unfallflucht durch Fahrradfahrer gibt es aber immer wieder politische Debatten um eine Einführung der Kennzeichenpflicht für Fahrräder.

Was hat sich geändert?

Auch heute steht im Vordergrund nach wie vor die eindeutige Zuordnung des Fahrzeugs zum Fahrer. Es gibt aber auch Unterschiede: Heute werden Kennzeichen von elektronischen Systemen automatisch erkannt. Das ist vor allem in Bezug auf Mautsysteme wichtig, es gibt inzwischen aber auch Geschwindigkeitsmesssysteme für lange Strecken, die mittels Kennzeichenüberprüfung die Geschwindigkeit eines Fahrzeugs ermitteln. Mit der Zeit sind Kennzeichen auch länger, fälschungssicherer und vielfältiger geworden, was vor allem daran liegt, dass es deutlich mehr Fahrzeuge gibt, dass es einen enormen technologischen Fortschritt gab, und dass sich das Staatsgebiet in der Zeit mehrfach gewandelt hat. Bestimmte Fahrzeuge sollen auch zulassungstechnisch oder steuerrechtlich begünstigt werden, was auch mit den Kennzeichen zum Ausdruck kommt.

Welche Arten von Kennzeichen gibt es?

Einfache Euro-Kennzeichen bestehen aus maximal 8 Zeichen. Wie Kennzeichen aufgebaut sein müssen richtet sich in Deutschland nach der Fahrzeugzulassungsverordnung (FZV). Demnach stehen am Anfang immer die so genannten „Unterscheidungszeichen“. Dabei handelt es sich um Buchstabenkombinationen mit bis zu drei Buchstaben. In der Regel wird nach Region unterschieden. „B“ steht zum Beispiel für Berlin, „HH“ für die Hansestadt Hamburg und „CUX“ für Cuxhaven. Regierungsfahrzeuge, Einsatzfahrzeuge der Polizei und der Bundeswehr, das Technische Hilfswerk und NATO-Fahrzeuge haben besondere Unterscheidungszeichen.

Nach den Unterscheidungszeichen folgt die Erkennungsnummer. Diese besteht aus ein bis zwei Buchstaben und bis zu vier Zahlen. Ein einfaches Kennzeichen sieht also insgesamt wie folgt aus:

Einfaches Kennzeichen FZV

Rote Kennzeichen

Gewöhnliche Kennzeichen haben schwarze Schrift auf weißem Untergrund. Es gibt allerdings auch farbige Kennzeichen, zum Beispiel rote Kennzeichen (rote Schrift auf weißem Untergrund). Als Erkennungsnummern haben rote Kennzeichen nur Ziffern, die mit „06“ beginnen:

Rotes Kennzeichen

In § 16 Abs. 1 der Fahrzeugzulassungsverordnung ist vorgesehen, dass nicht zugelassene Fahrzeuge aus folgenden Gründen trotzdem mit rotem Kennzeichen in Betrieb genommen werden dürfen:

  • Zwecks Prüfungsfahrt,
  • Probefahrt, oder im Rahmen einer
  • Überführungsfahrt, außerdem
  • für notwendige Fahrten zum Tanken und zur Reinigung,
  • zwecks Reparatur oder
  • zur Wartung.

Wichtig ist allerdings: Das Fahrzeug muss trotzdem mit einer Haftpflichtversicherung versichert sein, auch wenn es keine Zulassung hat. Wer sein Fahrzeug entgegen des Pflichtversicherungsgesetzes (PflVG) nicht versichert, und es im öffentlichen Verkehr gebraucht, begeht eine Straftat!

Gemäß § 16 Abs. 2 FZV kann übrigens ein rotes Kennzeichen an verschiedenen Fahrzeugen verwendet werden.

Gefährliche Irrtümer bei roten Kennzeichen

Nur gewerblicher Gebrauch erlaubt!

Anders als früher gibt es rote Kennzeichen nicht mehr für den privaten Gebrauch, sondern nur noch für die gewerbliche Nutzung. Sie dürfen nur noch von

  • Fahrzeugherstellern,
  • Herstellern von Fahrzeugteilen,
  • Werkstätten und
  • Fahrzeughändlern verwendet werden.

Verleihen verboten, Nutzung nur zu Betriebszwecken!

Ein verbreiteter Irrglaube ist auch, dass man rote Kennzeichen verleihen darf. Das ist nicht der Fall! Wer rote Kennzeichen verleiht, oder ein rotes Kennzeichen ausleiht, und das Fahrzeug nutzen lässt oder nutzt, bekommt Probleme in Bezug auf das Zulassungs-, das Steuer- und das Versicherungsrecht! Wenn das Fahrzeug mit rotem Kennzeichen zu betriebsfremden Zwecken gebraucht wird, kann es sein, dass der Versicherungsschutz (etwa einer Vollkaskoversicherung) entfällt, denn in vielen Versicherungsverträgen ist eine so genannte „Verwendungsklausel“ vorgesehen.

Unfall mit rotem Kennzeichen: Vorsicht vor Tricks!

Wenn ein Unfallverursacher ein rotes Kennzeichen hat, kann es vorkommen, dass dessen Haftpflichtversicherung deswegen den Schadensersatzanspruch des Geschädigten zu Unrecht kürzt, zum Beispiel in Bezug auf Gutachterkosten. Aber auch bei betriebsfremder Verwendung eines Fahrzeugs mit rotem Kennzeichen muss der Haftpflichtversicherer den Unfallschaden ersetzen! Lassen Sie sich davon als Unfallgeschädigter nicht beeindrucken, als Unfallgeschädigter kann man die vollständige Schadensersatzsumme inklusive Gutachterkosten geltend machen!

Ausfuhrkennzeichen

Bei Ausfuhrkennzeichen handelt es sich nichtum rote Kennzeichen. Die Schrift ist schwarz, auf der rechten Seite befindet sich ein roter Untergrund. Man kann sie schnell mit Saisonkennzeichen verwechseln, weil sich auf dem roten Untergrund übereinander drei Zahlenpaare befinden. Das letzte große Zeichen ist immer ein A:

Ausfuhrkennzeichen mit rotem Rand

Kurzzeitkennzeichen, gelbe Kennzeichen

Für den privaten Gebrauch gibt es seit 1998 das Kurzzeitkennzeichen. Wie das „rote Kennzeichen“ darf das Kurzzeitkennzeichen auch nur für bestimmte Fahrten verwendet werden (Überführungsfahrten, Test- und Probefahrten, TÜV). Es wird eine gültige Hauptuntersuchung („TÜV“) für die Anmeldung benötigt. Die Kennzeichen gelten maximal fünf Tage lang. Teilweise können sie online beantragt werden.

Kurzzeitkennzeichen sind auch als „gelbe Kennzeichen“ bekannt, weil sie auf der rechten Seite einen gelben Hintergrund haben, auf dem das Auslaufdatum angegeben ist. Statt mit einer „06“ beginnt die Erkennungsnummer mit einer „04“:

Gelbes Kurzzeitkennzeichen

Grüne Kennzeichen

Fahrzeuge, deren Halter von der Kraftfahrzeugsteuer befreit sind, bekommen gemäß § 9 Abs. 2 FZV grundsätzlich ein grünes Kennzeichen zugeteilt. Dazu gehören vor allem:

  • Von der Zulassungspflicht befreite Fahrzeuge (Arbeitsmaschinen und Stapler, Elektrokleinstfahrzeuge,
  • bestimmte Landwirtschafts- und Forstwirtschaftsmaschinen und Anhänger, …)
  • Straßenreinigungsfahrzeuge,
  • Rettungs- und Katastrophenschutzfahrzeuge
  • Anhänger zur Beförderung von Sportgeräten oder Sporttieren,
  • Fahrzeuge für Kranken- und Behindertentransport, und
  • Fahrzeuge gemeinnütziger Organisationen (unter bestimmten Voraussetzungen).

Grünes Kennzeichen

Die Steuerbefreiung bringt dem Fahrzeughalter einen deutlichen finanziellen Vorteil (etwa 200,- Euro pro Jahr). Allerdings benötigt man hierfür eine Bestätigung des Zolls oder des Finanzamts. Als Halter muss man außerdem den Nutzungszweck bei jeder Verkehrskontrolle nachweisen können. Das Fahrzeug darf auch nicht einfach für gebrauchsfremde Zwecke verwendet werden (Milchtransporter für Wasser- oder Kraftstofftransport; Pferdeanhänger nicht zwecks Sport sondern zwecks Pferdeankauf und –verkauf). Wer etwa vorsätzlich falsche Angaben macht, um an der Kraftfahrzeugsteuer zu sparen, macht sich wegen Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) strafbar.

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Umut Schleyer, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verkehrsrecht in Berlin