Leihvertrag – 

wer haftet wenn man das Auto verleiht

und ein Schaden eintritt?

An die eigenen Kinder, an Freunde oder die Familie – fast jeder Eigentümer hat sein Auto schon verliehen. Kaum jemand macht sich allerdings Gedanken darüber, wer haftet oder wer zahlt, wenn etwas passieren sollte. In den allerwenigsten Fällen bespricht man, wer welche Risiken zu tragen hat, und noch seltener wird etwas schriftlich festgehalten. Dabei sollte man sich stets darüber im Klaren sein, welche Konsequenzen das eigene Handeln haben kann.

Im folgenden Artikel erfahren Sie, wie sich eine Leihe auf die Haftung auswirkt.

Was ist Leihe eigentlich?

Was eine Leihe ist, ist explizit in § 598 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) geregelt. Durch den Leihvertrag wird der Verleiher einer Sache verpflichtet, dem Entleiher den Gebrauch der Sache unentgeltlich zu gestatten.

Die Leihe ist ein Begriff aus dem Zivilrecht. Wer sich mit jemand anderem darauf einigt, ihm das Auto zu überlassen, geht einen Leihvertrag ein. Gemäß § 151 BGB kommt ein Vertrag dann zustande, wenn eine Partei einen Antrag gemacht hat, den die andere Partei annahm. Dabei kommt es grundsätzlich nicht darauf an, ob das ganze schriftlich festgehalten wird, oder ob es nur mündlich abgesprochen wurde. Entscheidend ist, dass beide Parteien eindeutig zum Ausdruck bringen, dass sie sich darüber einig sind.

Aus Verträgen erwachsen den Vertragsparteien bestimmte Verpflichtungen. Dem Grunde nach müssen die Parteien die gegenseitigen Interessen wahren, die bei einem Vertrag bestehen. Für Schäden, die bei Abwicklung eines Vertrages passieren, können die Vertragsparteien haften.

Besonderheiten von Leihverträgen

Je nachdem, um was für einen Vertrag es sich handelt, bestehen verschiedene Pflichten. Die Regelungen, die dem § 598 BGB folgen, beschreiben die vertragstypischen Rechte und Pflichten bei Leihverträgen. Sowohl die Rechte des Verleihers, als auch die des Entleihers gehen daraus hervor. Wie auch bei anderen unentgeltlichen Verträgen gibt es besondere Vorschriften im Hinblick auf die Haftung.

So ist die Haftung des Verleihers gemäß § 599 BGB auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt. Auch für Mängel an dem Auto haftet er laut § 600 BGB nur, wenn er sie arglistig verschweigt. Den Nachweis darüber zu führen, wird dem Entleiher aber meist schwerfallen.

Wer das Auto ausleiht, haftet allerdings nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen. Das heißt, dass der Entleiher auch bei leichter Fahrlässigkeit haftet, wenn ein Schaden an der Sache entsteht. Das erscheint auch angemessen, immerhin wird ihm die Sache ja unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Außerdem muss der Entleiher die Kosten tragen, die zur Erhaltung der Sache notwendig sind. Wenn sich jedoch der Zustand der Sache verschlechtert, weil er sie ordnungsgemäß gebraucht (gewöhnlicher Verschleiß), muss der Entleiher nicht dafür aufkommen.

Kann man das Auto sofort herausverlangen, wenn man es wieder braucht?

Wenn eine Zeit oder ein Zweck für den Leihvertrag vereinbart ist, kann der Verleiher das Auto eigentlich erst nach dem Zeitablauf oder dem Gebrauch zu dem vereinbarten Zweck zurückfordern. Sind weder Zeit noch Zweck bestimmt, kann der Verleiher das Auto gemäß § 604 Abs. 3 BGB sofort herausverlangen. In besonders gelagerten Fällen kann der Verleiher den Vertrag unter Umständen vor Zeitablauf aufkündigen.

Kurze Verjährung

Wer Ansprüche aus dem Leihvertrag geltend machen möchte, sollte sich beeilen: Einige Ansprüche verjähren bereits nach 6 Monaten. Für den Verleiher gilt dies ab Zurückerhalten der Sache, für den Mieter ab Beendigung der Leihe. Die Verjährung lässt sich zum Beispiel durch Klageerhebung oder durch Zustellung eines Mahnbescheids hemmen. Da mit einer Klageerhebung gewisse Risiken und Schwierigkeiten verbunden sind, ist es meist ratsam, einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen.

Dispositives Recht

Wichtig: Sofern es nicht gegen die guten Sitten oder zwingendes Recht verstößt, können die Vertragsparteien Vereinbarungen treffen, die von den gesetzlichen Regelungen abweichen. Zwingendes Recht ist beispielsweise, dass niemand im Voraus eine Haftung wegen Vorsatzes erlassen kann (siehe § 276 III BGB).

Unterschiede zum Mietvertrag

Vom Leihvertrag ist der Mietvertrag zu unterscheiden. Wird für das Überlassen des Autos Geld gezahlt, handelt es sich nicht um einen Leih-, sondern einen Mietvertrag. Der Mieter einer Sache hat umfangreichere Rechte als der Entleiher. Die Regelungen zum Mietvertrag finden sich in den §§ 535 ff. BGB.

Was passiert bei einem Unfall?

Kommt es zu einem Unfall, können die rechtlichen Folgefragen sehr komplex sein. Meistens sind an einem Unfall mindestens zwei Personen beteiligt, die am Straßenverkehr teilnehmen. Dazu kommt, dass der Halter eines Kraftfahrzeugs gemäß § 1 des Pflichtversicherungsgesetzes eine Haftpflichtversicherung abschließen muss. Somit treten regelmäßig zwei weitere Spieler hinzu: Die Haftpflichtversicherungen beider Fahrzeughalter. Außerdem kann ein Fahrzeug geleast, vermietet oder verliehen sein, der Mieter kann seinerseits das Fahrzeug verleihen und ähnliches. Am Ende kann es passieren, dass fünf oder mehr Beteiligte mit einem Schaden dastehen, und auf einen Ersatz für ihren erlittenen Schaden hoffen. Ein solches Durcheinander zu entflechten, kann bei dem Versuch, alles juristisch einzuordnen, noch erheblich komplexer werden.

Die Geschädigten möchten so schnell wie möglich ihren Schaden ersetzt bekommen. Versicherungen versuchen, so wenig wie möglich zu zahlen, und die Sache so schnell wie möglich abschließen. Und die Richter hoffen auf eine rasche Einigung der Parteien. Der gesamte Prozess bringt rechtliche Unsicherheiten für die Betroffenen, und zieht sich oft einige Zeit hin. In so gelagerten Fällen ist eine Beratung durch einen Fachanwalt für Verkehrs- oder Versicherungsrecht sinnvoll.

Wer haftet?

Wer in welchem Fall haftet, kann kaum allgemein formuliert werden. Es kommt auf den konkreten Fall an. Meist muss der Haftpflichtversicherer, dessen Versicherung für den Halter, Eigentümer und Fahrer eines Fahrzeugs abgeschlossen wurde, für den Schaden aufkommen, der dem anderen Beteiligten entstanden ist. Der Fahrer, dem das Fahrzeug geliehen oder vermietet wurde, kann gegenüber dem Verleiher oder Eigentümer wegen Verletzung vertraglicher Pflichten oder nach Deliktsrecht haften.

Haftungsausschlüsse

Bei einem Leih- oder Mietvertrag kann aber auch ein Haftungsausschluss zwischen den Vertragsparteien vereinbart sein. Ein Haftungsausschluss bedeutet, dass sich beide Vertragsparteien darüber einig sind, dass eine Vertragspartei unter bestimmten Umständen nicht haften muss. Wie oben erwähnt, ist das bei vorsätzlichen Pflichtverletzungen nicht möglich. Aber was ist bei Fahrlässigkeit?

Einige Vermieter oder Verleiher fragen sich nun womöglich, wieso es nötig sein sollte, hier einen Haftungsausschluss zu thematisieren. Die Antwort darauf lautet, dass ein Haftungsausschluss auch zustande kommen kann, ohne dass es beide Parteien aussprechen. Dabei spricht man von einem so genannten stillschweigenden Haftungsausschluss.

Der Gedanke dahinter: Bei Abschluss eines Leihvertrags (oder bei Duldung der Benutzung) können sich beide Personen ohne ausdrückliche Absprache darüber einig sein, dass der Entleiher nicht für fahrlässiges Handeln haften muss.

Dass ein solcher Ausschluss nur in Ausnahmefällen vorliegt, geht aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle vom 26. Januar 2016 hervor. Darin führte das Gericht aus, dass der Fahrer selbst dann für den Unfallschaden haften muss, wenn die Unfallfahrt dem Entleiher oder dessen Familienmitgliedern zugutekommen sollte. Anders verhält es sich aber möglicherweise, wenn der Eigentümer des Fahrzeugs fahruntüchtig ist, und daher einem anderen Fahrer das Fahrzeug überlässt.

Umut Schleyer, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verkehrsrecht in Berlin