Urteil des Bundesgerichtshofs

In einer Entscheidung vom 29.06.2016 befasste sich der Bundesgerichtshof mit der Frage, ob ein Gebrauchtwagen mangelhaft ist, wenn er eine Standzeit von mehr als zwölf Monaten zwischen Herstellung und Erstzulassung aufweist.

Zum Sachverhalt:

Ein Gebrauchtwagen mit einer Laufleistung von 38.616 km wurde von dem Kläger zu einem Preis von 33.430 € erworben. Die Beklagte ist ein Fahrzeughändlerin. In dem Kaufvertragsformular wurde der 18.02.2010 als Datum der Erstzulassung eingetragen, das Baujahr jedoch nicht angegeben. Wie sich später herausstellte, erfolgte die Herstellung des Fahrzeugs bereits 19 1/2 Monate vorher. Der Kläger sah darin einen Sachmangel, trat vom Kaufvertrag zurück und verlangte Rückzahlung des Kaufpreises von der Fahrzeughändlerin.

Zur Entscheidung:

Die Klage des Käufers blieb vor dem Bundesgerichtshof erfolglos. Laut Auffassung des Gerichts ist ein Sachmangel nicht ohne Weiteres begründet, wenn eine Standzeit von über zwölf Monaten vor Erstzulassung vorliegt.

Dafür spricht, dass die Parteien, Käufer und Verkäufer, weder eine Vereinbarung über ein Herstelldatum noch über ein Baujahr getroffen haben. Weder lag nach Auffassung des Gerichts eine ausdrückliche Vereinbarung vor, noch ist diese stillschweigend erfolgt. Dass die Verkäuferin Angaben über die Erstzulassung gemacht hat, die sie selbst mit „laut Fzg.-Brief“ versah, lässt außerdem keinen Einstehenswillen der Händlerin für die Richtigkeit des Zulassungsdatums noch für ein bestimmtes Baujahr des Fahrzeugs vermuten. Damit wird lediglich zum Ausdruck gebracht, aus welcher Quelle die Händlerin diese Informationen hat.

Der Wagen eignete sich für die gewöhnliche Verwendung und wies die berechtigterweise zu erwartende Beschaffenheit auf. Bei Neu- und Jahreswagen vertrat der Senat eine andere Auffassung, allerdings kommt dem Alterungsprozess bei der Standzeit erheblich jüngerer Gebraucht- oder Neuwagen auch ein erheblich größeres wirtschaftliches Gewicht zu.

Auswirkungen der Entscheidung in der Praxis

Welche Standzeiten von dem Käufer bei solchen Wagen zu erwarten sind, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Zunächst ist darauf abzustellen, ob zwischen dem Verkäufer und dem Käufer eine ausdrückliche Einigung darüber getroffen wurde, wann das Fahrzeug hergestellt wurde. Liegt diese vor, ist gemäß § 434 Abs. 1 eine Vereinbarung der Beschaffenheit vereinbart. Wenn das Fahrzeug älter ist, wurde gegen diese Vereinbarung verstoßen und die Sache ist nicht frei von Sachmängeln. Um Überraschungen zu vermeiden, ist es daher beim Autokauf wohl am besten, sich über die Sachlage zu informieren. Sichert ein Händler zu, dass das Fahrzeug bestimmte Eigenschaften aufweist, kann das für den Käufer in einem Zivilprozess entscheidend sein, sofern der Käufer dies nachweisen kann. Da die Sachlage aber nicht immer absolut klar ist, sollte im Streitfall auf sachkundigen Rat vertraut werden.