1. Erklärung des Begriffs Gutachter bzw. Sachverständiger

Zwischen den Bezeichnungen „Sachverständiger“ und „Gutachter“ besteht grundsätzlich kein Unterschied. Im Rahmen der gerichtlichen Beweiserhebung wird jedoch nur der Ausdruck „Sachverständiger“ gebraucht. Hintergrund ist, dass die Gesetzestexte nur diese Bezeichnung verwenden. Die Bezeichnung als Sachverständiger oder Gutachter ist gesetzlich nicht geschützt, das heisst jeder kann sich selbst für ein Fachgebiet als Sachverständiger oder Gutachter bezeichnen.

Die Tätigkeit als Sachverständiger unterliegt keinen gesetzlichen Vorgaben. Auch bestehen keine Vorschriften über die Erlangung oder den Nachweis des Sachverstandes. Der Gutachter muss als Spezialist in dem von ihm benannten Fachgebiet sachverständig sein. In den meisten Fällen sind die Kenntnisse in einem Studium oder durch eine Meisterprüfung erworben. Da es keine gesetzlichen Regelung gibt, können für die verschiedenen Arten von Sachverständigen u.a. die folgenden Gruppen gebildet werden, wobei die Zuordnung eines Sachverständigen zu mehreren Gruppen möglich ist:

  • öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige/Gutachter
  • gerichtlich ernannte Sachverständige/Gutachter
  • amtlich anerkannte Sachverständige/Gutachter
  • zertifizierte Sachverständige/Gutachter
  • Gutachterausschüsse der öffentlichen Behörden
  • freie Sachverständige/Gutachter
  • verbandsanerkannte Sachverständige/Gutachter

Diese Aufzählung ist nicht abschließend.

B. Eine öffentliche Bestellung und Vereidigung wird nach den aktuellen Sachverständigen-Ordnungen der Bestellungskörperschaften (SVO) regelmäßig für einen Zeitraum von 5 Jahren befristet. Eine Verlängerung bis zum 68., längstens bis zum 71. Lebensjahr ist möglich. Hierin sehen manche Sachverständige jedoch einen schwerwiegenden Eingriff in ihre berufliche Tätigkeit. So auch ein 75 Jahre alter Professor, der für die Sachgebiete „EDV im Rechnungswesen und Datenschutz“ sowie „EDV in der Hotellerie“ von der Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern (IHK) bestellt worden war und dessen Bestellung nach der SVO bis zur Vollendung des 71. Lebensjahres verlängert worden war. Sein Antrag auf weitere Verlängerung wurde von der IHK abgelehnt. Die dagegen gerichtete Klage blieb in den Vorinstanzen und zunächst vor dem Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) erfolglos (Urteil vom 26.01.2011).

In einem Urteil vom 23.02.2012 hingegen, wurde eine Altersbegrenzung las unwirksam betrachtet, da eine solche Altersbegrenzung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) eine unzulässige Benachteiligung wegen des Alters darstelle.

C. Oft stellt sich die Frage, ob man als Gutachter bzw. Sachverständiger als Kaufmann oder als Freiberufler zu betrachten ist. im letzteren Fall muss man keine Einkommenssteuer entrichten. Als Freiberufler wird man vom Finanzamt grundsätzlich nur anerkannt, wenn man im Katalog des § 18 Einkommensteuergesetz genannt wird. In dem § 18 Einkommensteuergesetz steht:

Zu der freiberuflichen Tätigkeit gehören die:

  • selbständig ausgeübte wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische,
  • unterrichtende oder erzieherische Tätigkeit,
  • die selbständige Berufstätigkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte,
  • Rechtsanwälte, Notare, Patentanwälte,
  • Vermessungsingenieure,
  • Ingenieure, Architekten,
  • Handelschemiker,
  • Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, beratenden Volks- und Betriebswirte, vereidigten Buchprüfer, Steuerbevollmächtigten,
  • Heilpraktiker,
  • Dentisten,
  • Krankengymnasten,
  • Journalisten,
  • Bildberichterstatter,
  • Dolmetscher, Übersetzer,
  • Lotsen und ähnlicher Berufe.

Die oben aufgezählten „Berufsgruppen“ sind daher grundsätzlich von der Einkommenssteuer befreit.

2. Definition des Begriffs Gutachter

Der Begriff Gutachter ist nicht gesetzlich definiert.

Unter dem Begriff Gutachter bzw. Sachverständiger versteht man eine natürliche Person mit einer besonderen Sachkunde und einem überdurchschnittlich fachlichen Wissen auf einem gewissen Gebiet. Sachverständige unterstützen das Gericht bei der Auswertung von bereits ermittelten Tatsachen in dem sie auf Grund ihres Fachwissens subjektive Wertungen, Schlussfolgerungen und Hypothesen bekunden.

Die öffentliche Bestellung eines Sachverständigen ist in § 36 Gewerbeordnung GewO geregelt. Bei der öffentlichen Bestellung muss der Sachverständige ein Mindestalter von 30 Jahren vorweisen. Die Bezeichnung öffentlich bestellter und vereidigter (ö.b.u.v.) Sachverständiger ist geschützt im § 132a Strafgesetzbuch (StGB).

Man sollte wissen, dass die vom Unfallgeschädigten nach dem Unfall in Auftrag gegebenen Gutachten, keinen Sachverständigenbeweis im Sinne der Zivilprozessordnung (ZPO) darstellen. Ein solches Gutachten wird als Parteivortrag gewertet.

3. Tricks der Versicherungen

Im Bereich des Gutachters wenden die Versicherungen viele Tricks an, da hier die Möglichkeit besteht, viel Geld zu sparen. Auch hier muss man zwischen dem Unfall (Haftpflichtfall) und Kaskofall (Kaskovertrag) unterscheiden.

a. Unfall

Nach einem Verkehrsunfall versuchen die gegnerischen Haftpflichtversicherungen mit aller Macht, dem Unfallgeschädigten ihren hauseigenen Gutachter „aufzuschwatzen„. Die Vorteile sind klar. Zum einen ist der hauseigene Gutachter angestellt und günstig. Zum anderen wird der angestellte Gutachter der gegnerischen Haftpflichtversicherung so kalkulieren, wie es für seinen Arbeitgeber positiv ist. Dies sollte jedem Unfallgeschädigten klar sein. Hier tappen bereits sehr viele Unfallgeschädigte in die Falle.

Oft wird das Gutachten an kooperierende Ingenieurbüros weitergeleitet und versucht, mit Hilfe von Prüfberichten Kosten zu kürzen. Es kommt auch vor, dass die Versicherungen (unberechtigt) die in den Gutachten enthaltenen Fotos verwenden, um eigene Restwertangebote einzuholen. Dies ist nicht erlaubt. Mit Urteil vom 29.04.2010 hat der Bundesgerichtshof dazu festgestellt:

Haftpflichtversicherung ist nicht berechtigt, die im Gutachten enthaltene Lichtbilder ohne Einwilligung des Sachverständigen in eine Restwertbörse im Internet einzustellen.

b. Kaskofall

Im Kaskofall sollte man wissen, dass „nur“ die eigene Kaskoversicherung berechtigt ist, den Gutachter auszuwählen und zu beauftragen. In den Allgemeinen Bedingungen für die Kfz-Versicherung (AKB) ist unter anderem folgende Regelung enthalten:

A.2.8 Sachverständigenkosten

Die Kosten eines Sachverständigen erstatten wir nur, wenn wir dessen Beauftragung veranlasst oder ihr zugestimmt haben.

Infolgedessen ist man im Kaskofall verpflichtet, die Kaskoversicherung unverzüglich über den Eintritt des Versicherungsfalls zu informieren und auf die Beauftragung eines Gutachters -soweit dies notwendig ist- durch die Versicherung abzuwarten. Wenn man eigenständig einen Gutachter beauftragt, ohne dass die Kaksoversicherung zuvor zugestimmt hat, besteht die Gefahr, dass man auf den Gutachterkosten sitzen bleibt.

4. Tipps

Zunächst sollte man als Unfallgeschädigter Folgendes wissen:

Wenn man als Unfallgeschädigter unverschuldet in einen Unfall verwickelt wurde, dann ist man so zu stellen, wie ohne Unfall. Grundsätzlich sind alle Kosten die unfallbedingt entstanden sind, dem Unfallgeschädigten zu erstatten. Dazu zählen insbesondere die Anwalts- als auch die Gutachterkosten.

Die Versicherungen versuchen mit allen Mitteln zu verhindern, dass der Unfallgeschädigte einen eigenen und unabhängigen Gutachter beauftragt.

Dieser Text wurde durch die Kanzlei Schleyer erstellt.