Gegenüberstellung – Nachbesichtigung – Kosten des Gutachters

1. Nach einem Unfall kommt es häufig vor, dass die gegnerische Versicherung eine Nachbesichtigung bzw. eine Gegenüberstellung fordert. Einen gesetzlichen Anspruch darauf hat die gegnerische Versicherung grundsätzlich nicht. Das kann man auch hier nachlesen. Wenn es -nach Absprache der Beteiligten- zu einer Gegenüberstellung kommt, kann der vom Unfallgeschädigten beauftragte Gutachter diese weitere Tätigkeit abrechnen und von der gegnerischen Versicherung erstattet verlangen. Das hat auch das Landgericht Hamburg in einem Rechtsstreit entscheiden.

Was war passiert?

Der Kläger (Gutachter) verlangte aus abgetretenem Recht Erstattung von Sachverständigenkosten für die Teilnahme an einer von der Beklagten veranlassten Nachbesichtigung eines verunfallten Pkw. Der Kläger ist öffentlich bestellter Kfz-Sachverständiger und wurde von der Geschädigten Frau X mit der Erstellung eines Schadensgutachtens nach einem Schadensfall betraut, für den die Beklagte als Haftpflichtversicherer des Unfallverursachers einstandspflichtig ist. Der Beauftragung lag der Preisstand vom 01.01.2007 zugrunde. Am 24.11.2010 wurde auf Veranlassung der Beklagten ein Gegenüberstellungstermin der unfallbeteiligten Fahrzeuge am Unfallort durchgeführt. Mit Schreiben der Geschädigten vom 22.11.2010 wurde der Kläger beauftragt, für sie an dem Gegenüberstellungstermin teilzunehmen. Nach der Gegenüberstellung erstellte der Gutachter eine weitere Rechnung von 624,32 €. Die gegnerische Haftpflichtversicherung weigerte sich jedoch, diese Kosten zu bezahlen. Der Gutachter klagte und verlor zunächst vor dem Amtsgericht. Gegen das klageabweisende Urteil legte der Gutachter erfolgreich Berufung ein.

 

2. Urteil des Landgerichts Hamburg

Das Landgericht Hamburg gab dem Gutachter Recht, verurteilte die Haftpflichtversicherung zur Zahlung und stellte Folgendes fest:

 

  • Wenn ein eintrittspflichtiger Kfz-Haftpflichtversicherer eine Gegenüberstellung der Unfallfahrzeuge verlangt, weil er z.B. vermutet, dass das bei ihm haftpflichtversicherte Fahrzeug nicht an dem Unfall beteiligt gewesen sei, ist der Geschädigte berechtigt, seinen Schadensgutachter zu der Gegenüberstellung hinzuzuziehen.

 

  • Hat der Geschädigte ein Auftragsformular für den Sachverständigen mit abgedrucktem Preisstand unterschrieben, so ist die Preisliste als Vertragsbestandteil anzusehen. Eine Inhaltskontrolle findet bei solchen Preisvereinbarungen für die Hauptleistung nicht statt. Ersatzfähig sind dann die entsprechend berechneten Gutachterkosten.

 

  • Ein Sachverständiger kann sowohl für die Gutachtertätigkeit als auch für die Fahrtzeit denselben Stundensatz ansetzen (hier: 115,43 €).

3. Tipp von Rechtsanwalt Umut Schleyer

Wenn man als Gutachter eine wirksame Abtretung verwendet, hat man auch die Möglichkeit, für seine weiteren Tätigkeiten eine Rechnung zu schreiben und einen Anspruch auf Bezahlung der dadurch entstandenen Kosten. Wie der vorliegende Fall eindrucksvoll beweist, muss man sich (wenn man gut vorbereitet ist) von den Haftpflichtversicherungen nichts gefallen lassen. Jeder Gutachter sollte für sich entscheiden, auf welche Art und Weise er sein Geld verdienen und auf welche Art und Weise er sich von den Haftpflichtversicherungen  behandeln lassen möchte. Auch als Gutachter sollte man nicht grundlos auf sein Geld verzichten.

Dieser Artikel wurde von Rechtsanwalt Umut Schleyer erstellt.